640 Zweiter Anhang.
Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme in der Kammer und kann
seine Stelle in derselben nur durch neue Wahl wieder erlangen.
Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.
Art. 79. Die Sitzungen beider Kammern sind öffentlich. Jede Kammer
tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von zehn Mitgliedern zu einer ge-
heimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über diesen Antrag zu be-
schließen ist.
Art. 80. Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn
nicht die Mehrheit der gesetzlichen Anzahl ihrer Mitglieder anwesend ist. Jede
Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmenmehrheit, vorbehaltlich der
der durch die Geschäftsordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen.
Art. 81. Jede Kammer hat für sich das Recht, Adressen an den König zu
richten.
¾ Niemand darf den Kammern oder einer derselben in Person eine Bitt-
schrift oder Adresse überreichen.
Jede Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die Minister über-
weisen und von denselben Auskunft über eingehende Beschwerden verlangen.
Art. 82. Eine jede Kammer hat die Befugnis, Behufs ihrer Information
Kommissionen zur Untersuchung von Tatsachen zu ernennen.
Art. 83. 4#6 Mitglieder beider Kammern sind Vertreter des ganzen Volkes.
Sie stimmen nach ihrer freien Überzeugung und sind an Aufträge und Instruk-
tionen nicht gebunden.
Art. 84. Sie können für ihre Abstimmungen in der Kammer niemals, für
ihre darin ausgesprochenen Meinungen nur innerhalb der Kammer auf den
Grund der Geschäftsordnung (Art. 78) zur Rechenschaft gezogen werden.
Kein Mitglied einer Kammer kann ohne deren Genehmigung während der
Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung
gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der Tat oder im Laufe
des nächstfolgenden Tages nach derselben ergriffen wird.
Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden notwendig.
Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied der Kammer und eine jede Unter-
suchungs- oder Zivilhaft wird für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben,
wenn die betreffende Kammer es verlangt.
Art. 85. Die Mitglieder der zweiten Kammer erhalten aus der Staatskasse
sleisteften und Diäten nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht hierauf ist un-
statthaft.
Titel VI. Von der richterlichen Gewalt.
Art. 86. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unab-
hängige, keiner anderen Autorität als der des Gesetzes unterworfene Gerichie
ausgeübt. «
Die Urteile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt.
Art. 87. Die Richter werden vom Könige oder in dessen Namen auf ihre
Lebenszeit ernannt.
Sie können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die Gesetze vor-
gesehen haben, ihres Amtes entsetzt oder zeitweise enthoben werden. Die vor-
läufige Amtssuspension, welche nicht kraft des Gesetzes eintritt, und die unfrei-
willige Versetzung an eine andere Stelle oder in den Ruhestand können nur aus
den Ursachen und unter den Formen, welche im Gesetze angegeben sind, und
nur auf Grund eines richterlichen Beschlusses erfolgen.
Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der Organisation
der Gerichte oder ihrer Bezirke nötig werden, finden diese Bestimmungen keine
Anwendung.
Art. 88. Den Richtern dürfen andere besoldete Staatsämter fortan nicht
übertragen werden. Ausnahmen sind nur auf Grund eines Gesetzes zulässig.