50 Die Gründe der Oktroyierung.
„Provinzialstände", diese Wirkung nicht haben würden. Die Schlußfolge-
rung ging dahin: keine Gesamtstaatsverfassung für Preußen, kein preu-
ßischer Landtag, — oder, wie es Camphausen, damals preußischer
Bevollmächtigter bei der provisorischen Reichsregierung in Frankfurt,
in einem am 20. November 1848 nach Berlin gesandten Berichte aus-
drückte: „Preußen an der Spitze (Deutschlands) und allein, aber ohne
allgemeine Stände in Preußen und statt deren Provinzialstände" (Meinecke
a. a. O. 391).
Folgt man Meinecke, so hätte sich, als Camphausen dies schrieb,
die Abneigung der Frankfurter gegen die im Zuge befindliche kon-
stitutionelle Abschließung Preußens aus einem theoretischen Postulat
schon zu einem politischen Programm verdichtet, zu dessen Durchführung
im November 1848, als die ersten Gerüchte von der in Preußen beab-
sichtigten Verfassungsoktroyienung nach Frankfurt gedrungen waren,
mehrmals Vertreter der dortigen Gewalten, der provisorischen Re-
gierung und des Parlaments, zuletzt dessen Präsident, Heinrich v.
Gagern, nach Berlin entsandt wurden. Des letzteren Audienz beim
König sei gleichsam eine stürmische Werbung Deutschlands um Preußen
gewesen. Gagern habe den König beschworen, Kaiser des künftigen
Deutschen Reichs zu sein, die von der Frankfurter Nationalversammlung
beschlossene Reichsverfassung anzuerkennen, auf eine preußische Sonder-
verfassung aber und auf die Oktroyierung einer solchen zu verzichten,
— nicht weil das Oktroyieren illiberal sei, sondern weil Preußen über-
haupt keine Sonderverfassung neben der Reichsverfassung haben dürfe.
Diese Werbung sei abgewiesen worden und die Oktroyierung gleich
darauf erfolgt: die Antwort der preußischen Staatsindividualität auf das
Ansinnen, sich der nationalen Einheit als Opfer darzubringen.
So sieht Meinecke (und ihm im wesentlichen zustimmend Hintze,
Preuß. Jahrb. 144 392) die Motive der Oktroyierung vom 5. Dezember.
Alles in allem eine geistvolle Hypothese, deren Richtigkeit nicht er-
wiesen, deren Aufstellung aber auch durch keine sachliche Notwendigkeit
geboten ist.
Es fragt sich zunächst, wer die vergebens umworbene Borussia,
die sich vor dem Deutschland, in dem sie aufgehen soll, konstitutionell ab-
schließt, in diesem Falle dargestellt haben soll. Der König kann für
diese Rolle schwerlich in Frage kommen, da er ja die Oktroyierung, wie
erwähnt, gar nicht gewollt und sie schließlich, notgedrungen, nur be-
willigt hat, weil die Minister mit größtem Nachdruck darauf bestanden
und er sie nicht entlassen wollte, auch, in Ermangelung geeigneten und
ihm genehmen Ersatzes, nicht entlassen konnte. Auch an die Männer