56 Auflösung der Zweiten Kammer.
Aus ihrer abwartenden Haltung, welche die Initiative zu Abände-
rungen der oltr V den Kammern überließ, trat die Staatsregierung erst
im letzten Stadium der Revisionsverhandlungen heraus, indem sie am
9. Januar 1850 den Kammern eine k. Botschaft vom 7. Januar 1850
mitteilte, enthaltend eine „Zusammenstellung von Abänderungen und
Ergänzungen der Verfassung vom 5. Dezember 1848“, deren Annahme
die Krone für wünschenswert erachtete. Diese „Propositionen“ (s. u.)
waren gesetzgeberische Initiativakte des Königs.
Der Verlauf des Revisionswerkes war, in Kürze geschildert,
folgender.
Die II. Kammer beschloß am 10. März 1849, eine Kommission von
21 Mitgliedern zu wählen, welche dem Plenum Anträge über die zu
revidierenden Punkte der oktr M vorzulegen habe. Die I. Kammer über-
wies am 26. März 1849 die oktr V ihren Abteilungen zur Vor-
beratung und beschloß gleichzeitig (I. K. 215, 216), „daß in jeder Ab-
teilung, nach vorhergegangener Besprechung über die bei der Revision
im allgemeinen in Betracht zu ziehenden Grundsätze, zwei Bericht-
erstatter für den zu konstituierenden Zentralausschuß erwählt werden
sollten und daß jede Abteilung dann noch Berichterstatter für be-
sondere Teile der Verfassung zu wählen habe und zwar einen für die
Freiheitsrechte, einen für das Religions- und Unterrichtswesen, einen
für das Kriegswesen, einen für die Verhältnisse des Grundeigentums,
und einen für die übrigen Teile der Verfassung“.
Bevor jedoch diese Kommissionen zur Berichterstattung an das
Plenum gelangen konnten, erfuhr die Revisionsarbeit eine monatelange
Unterbrechung dadurch, daß die II. Kammer durch KV. vom 27. April 1819
(GS 159) aufgelöst und die I. Kammer gleichzeitig vertagt wurde. Die
Auflösung erfolgte, weil der Regierung eine Verständigung mit der
auf Grund desselben Wahlrechts wie die Nat Vers gebildeten, infolge-
dessen politisch ebenso wie diese zusammengesetzten II. Kammer aus-
geschlossen erschien; im besonderen war sie veranlaßt durch zwei Be-
schlüsse der Kammer, von denen der eine den über Berlin verhängten
Belagerungszustand für ungesetzlich erklärte, während der andere die
von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung
als rechtsgültig und verbindlich anerkannte, nachdem der König die ihm
von dorther dargebotene Kaiserkrone bereits abgelehnt hatte (vgl. den
die Auflösung beantragenden Bericht des Staasministeriums vom 27. April
1819, Min Bl d inn V 57).
Die Neuwahlen zur II. Kammer fanden nicht wieder nach dem
Wahlgesetz vom 6. Dezember 1848, sondern nach einer auf Grund des