Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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nicht unter den Begriff wirklicher Steuern fallenden Abgaben, 
wie z. B. Wege-, Brücken-, Chausseegelder und andere Kom- 
munikationsabgaben, dem Bewilligungsrecht der Kammern unter- 
ständen: es könne hiernach sogar in Frage gestellt werden, ob 
solche Tarife durch königliche Verordnung festgestellt 
werden könnten, und ob es nicht vielmehr hierzu eines Ge- 
setzes oder doch des Erlasses eines Gesetzes, welches dem 
Könige das Recht einräume, solche Tarife nach bestimmten, ge- 
setzlich geregelten, Normen festzustellen, bedürfe. Indessen er- 
ledigt sich RÜnnes Bedenken vom Standpunkt der Verwaltungs- 
praxis schon durch Art. 106 Abs. 2 Verf., wonach die Prüfung der 
Rechtsgültigkeit gehörig verkündeter Königlicher Verordnungen 
nicht den Behörden, auch nicht den Gerichten, sondern nur 
den Kammern zusteht. Aber auch von seiten wissenschaftlicher 
Verfassungsauslegung kann RÖNNEs Anzweiflung der Rechtsgül- 
tigkeit des K. Erlasses vom 4. September 1882 nicht gebilligt 
werden. Freilich die Ausführungen ARNDTs in seinem Aufsatz 
„Ueber Gebühren“, Verwaltungsarchiv 1903 S. 432 f., nach wel- 
chen das Recht der Erhebung derartiger Gebühren, wie Hafen- 
gebühren etc..in Preussen der Exekutive kraft der ohne weiteres 
im Begriff der Exekutive liegenden Befugnisse zustehen soll, weil 
die preuss. Verfassung und zwar namentlich auch der Funda- 
mentalartikel über die gesetzgebende Gewalt (Art. 62) von einem 
rein formellen Gesetzesbegriff — bestehend in irgend einer Er- 
klärung der gesetzgebenden Faktoren, ohne Rücksicht auf den 
Inhalt — ausgehe, sind verfehlt. Die Quellenwidrigkeit der von 
ARNDT für das preuss. Verfassungsrecht aufgestellten rein for- 
mellen Gesetzestheorie ist vom Verfasser dieses Aufsatzes bereits 
an anderer Stelle ausführlich nachgewiesen (HUBRICH, Die reichs- 
gerichtliche Judikatur über den Gesetzes- und Verordnungsbegriff 
nach preussischem Staatsrecht, Annalen des Deutschen Reichs 
1904 S. 770 f.). Nicht die „herrschende“ Theorie hat die Kennt- 
nis des wahren Standes des preussischen Staatsrechts „verwischt“
	        
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