Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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entbalten indessen vielfach nur Ansichten darüber, wie vom ethi- 
schen Standpunkte der Verkehr der Völker unter sich sich gestalten 
sollte, und sind nicht Feststellungen derartig allgemein gebilligter 
Regeln und Gebräuche, dass man dieselben „Rechtssätze“ nennen 
könnte, wenn auch nur in dem qualifizierten Sinne, in welchem 
sich das Wort auf das Verhältnis zwischen politisch unabhängigen 
Gemeinwesen anwenden lässt. Die völkerrechtliche Literatur ver- 
weist z. B. zum Nachweise völkerrechtlicher Sätze auf Bestim- 
mungen in besonderen Verträgen und überzeugt damit ebenso- 
wenig, als derjenige, welcher vor unseren Gerichten eine angeb- 
lich ohne ausdrückliche Bezugnahme bindende Handelsüsance 
aus ausdrücklichen Stipulationen in besonderen Verträgen nach- 
zuweisen versucht. 
Prinzipiell lässt sich die Behauptung nicht aufrecht erhalten, 
dass nach Völkerrecht der erobernde Staat verbunden sei, die 
Verpflichtungen des eroberten Staates zu erfüllen. Der erobernde 
Souverän kann zunächst beim Friedensschluss hinsichtlich der 
finanziellen Verpflichtungen des eroberten Staates beliebige Be- 
dingungen auferlegen; in welchem Umfange er dieselben über- 
nehmen will, steht gänzlich in seinem Belieben; solchenfalls gilt 
nur ein Recht: das Recht der Militärgewalt. Klägerin gibt dies 
zu, behauptet jedoch, dass, falls der Souverän beim Friedens- 
schluss die von ihm zu übernehmenden Verpflichtungen nicht be- 
schränke, alle Verpflichtungen von ihm übernommen würden und 
eine nachträgliche Beschränkung unzulässig sei. Wie soll diese 
Unterscheidung begründet werden? Um festzustellen, unter wel- 
chen Umständen die Verpflichtungen eingegangen wurden, und 
welche Verflichtungen in foro conscientiae zu übernehmen sind, 
können umfangreiche Ermittelungen erforderlich sein. Unter den 
Vertragsverpflichtungen des eroberten Staates können sich ferner 
Verpflichtungen befinden, von denen der Eroberer überhaupt 
keine Kenntnis haben kann, und zu deren Verheimlichung, falls 
Klägerin beizutreten wäre, die Gläubiger des zusammenbrechen-
	        
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