Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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den Staates sehr geneigt sein würden. Sodann sind Verpflich- 
tungen denkbar, welche kein vernünftiger Mensch übernehmen 
würde, z. B. ein Staat kontrahiert Verpflichtungen in derartiger 
Höhe, dass sein Kredit gänzlich zusammenbricht; die selbstver- 
schuldete Insolvenz führt zu einem Kriege und zur Annexion 
durch einen anderen Staat. Weshalb soll der annektierende Staat 
verpflichtet sein, aus eigenen Mitteln die Schulden des insolven- 
ten Staates zu zahlen? Weshalb soll es einen Unterschied machen, 
dass die Urkunde über die Annexion oder den Friedensschluss 
über den Punkt schweigt? Hat der erobernde Staat in einer 
öffentlichen Proklamation oder in einer Konvention eine Zusage 
gemacht, welche sich mit einer Repudiierung der speziellen Ver- 
pflichtungen nicht vereinbaren lässt, so wird allerdings Treu und 
Glauben die Repudiierung verhindern. Stillschweigen kann in- 
dessen nicht als eine universelle Novation aller bestehenden Ver: 
träge ausgelegt werden, welche der eroberte. Staat geschlossen 
hat. Es wurde weiter behauptet, dass zwischen Verpflichtungen, 
welche eingegangen wurden, um mit dem erobernden Staate Krieg 
zu führen, und Verpflichtungen zur Bestreitung allgemeiner Staats- 
ausgaben zu scheiden sei. Wie soll indessen ein Staatsgericht 
unter Beachtung seiner Beweisregeln feststellen, wie einzelne 
Summen — mögen sie vor oder während des Krieges geborgt 
sein — verausgabt wurden? Angesichts dieser Schwierigkeiten 
war Klägerin genötigt, zu behaupten, dass eine absolute Ver- 
pflichtung bestehe, alle vor der aktuellen Kriegserklärung kon- 
trahierten Schulden und Vertragsverpflichtungen zu übernehmen. 
In der völkerrechtlichen Literatur ist der Satz, dass der 
Eroberer mit Bezug auf die Verpflichtungen des eroberten Staates 
beliebige Bedingungen Auferlegen darf und dass er allein hier- 
über zu entscheiden hat, von GROTIUS anerkannt worden (Krieg 
und Frieden, Buch 3, Kapitel 8, Abschnitt 4, und Anmerkungen 
zu BACRBEYRBACs Ausgabe v. 1724, Band 2, 8.362). An jeder 
Autorität fehlt .es für die Behauptung, dass im Moment der An-
	        
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