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wenn der König common law 'in der Kolonie einführt, wird das Parlament
kompetent. Anderes lässt sich nur für überseeische Besitzungen behaupten,
welche entgeltlich — im Wege des Tausches oder Kaufes erworben wurden,
Hier ist wegen des Eintgelts zum Erwerb Parlamentsgenehmigung notweu-
dig und insoferne — lüsst sich sagen — ergreift vom lirwerbsmomente an
die Parlamentsgewalt auch dies neue Rechtsgebiet.
Dann bemerkt H. in Anschluss an die englische Rechtslehre, den Briten
begleitet das english Common law auch aus dem vereinigten Königreich
hinaus in die Kolonien und demzufolge auch der Rechtsatz, dass ihn nur
solches Statute law bindet, dem er durch seine Repräsentanten (parlamen-
tarische Vertreter) zugestimmt hat (S. 269). Allein, wie könnte dann der
Engländer in den Kolonien neuen Gesetzen des mutterländischen Parlamentes
unterstehen ?
‘Ich meine also, die beiden vorgeführten Rechtsätze sind in Bezug auf
Kolonien nicht mehr geltendes Conımon law. Seit der Fırfabrung des Ab-
fülle der Kolonien Nordamerikas haben sie insoweit rechtliche Kraft ver-
loren.
Ein zweiter Punkt betriftt die Frage: ist es rechtliche oder tatsächliche
Notwendigkeit, welche die Krone zwingt, das Kabinet aus der Majori-
tät des Parlamentes zu entnehmen ?
H. behauptet ersteres (S. 543 f.). Es folge aus dem Satz der parlamen-
tarischen Geschäftsordnung, dass das Parlament jeden Fremden aus seiner
Mitte ausschliessen dürfe. Diese Bestimmung sei Rechtsatz, der sich seit
1832 entwickelte. Das rechtliche Wesen der Ministerstellung läge hienach
nicht darin, dass sie Beamte der Krone, sondern darin, dass sie vorbe-
rechtete Mitglieder des Parlaments sind. Sie wären juristisch nicht Königs-
beamte, sondern die ersten Mitglieder des Parlamentes, sich auszeichnend
vor den übrigen Mitgliedern, den private members, durch Vorrechte. Ich
für meine Person glaube (s. meine Allg. Staatslehre S. 311): hier ist H. zu
Unrecht von der englischen Rechtslehre abgegangen. Trotz jener Erachei-
nung heissen Jdie Minister nach wie vor his Maujesty’s servants. In diesem
so weit tragenden, in diesem fundamentalen Punkte würde doch gewiss die
Rechtsterminologie der Veränderung der Rechtsmaterie gefolgt sein, wenn
es wahr wäre, dass die Ministerstellung sich rechtlich aus der Stellung eines
Krondieners in die eines privilegierten Parlamentsmitgliedes verwandelt
hätte. Politisch, nber nicht rechtlich trat diese Wandlung ein. Jener Satz
der lex parliamenti bezieht sich nicht auf Minister. Sie, die ‘Berater der
Krone, gelten rechtlich nicht als Fremde im Sinne der genannten Bestim-
mung.
Und nun noch die Frage der Absetzbarkeit der Königs. H.
behauptet, der König sei rechtlich absetzbar und zwar durch das Parlament
(S. 591, 599).
Dem kann ich schlechterdings' nicht beitreten. Dagegen sprechen zu