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Häfen für die Kriegsschiffe der Kriegsparteien geschlossen, —
ein Zeichen von Schwäche, aber Ausübung unzweifelhaften Rech-
tes. In deutschen und englischen Gewässern haben die russischen
Flotten anscheinend Kohlen nicht eingenommen; vielmehr wurde
berichtet, dass russische Kriegsschiffe ausserhalb der eng-
lischen Dreimeilengrenze aus Transportschiffen gekohlt haben.
Umgekehrt hat Frankreich in seinen Häfen die Kohleneinnahme
gestattet. Letzteres tat auch Aegypten, aber mit bestimmter
Masssetzung.
I.
Bei der rechtlichen Prüfung zeigt sich hier, wie im Völker-
rechte so oft, dass einzelne lossgerissene Rechtssätze, die in der
Literatur als Dogmen verkündet werden, völlig versagen, ja irre-
führend werden, sobald neue Erscheinungen im Rechtsleben auf-
treten. Ich denke hier besonders an den so oft wiederholten,
von einem neueren Schriftsteller als selbstverständlich bezeich-
neten! Satz, dass in neutralen Häfen so viel Kohlen eingenom-
men werden dürfen, als zur Erreichung des nächsten Heimats-
hafens erforderlich sind ?.
Eine förmliche Beschränkung des Rechts auf Kohlen
hat zuerst England im Jahre 1861 eingeführt und seitdem, unter
Ausbildung verfeinernder Abstufungen, dauerud aufrechterhalten.
Zahlreiche Staaten sind Englands Vorbild gefolgt, insbesondere
die Vereinigten Staaten und Japan. Eine andere Staatengruppe,
ı WIEGNER, die Kriegskontrebande, 1904, S. 227.
® Auch das Institut de Droit International ist in seinem
„Reglement sur le rögime lögal des navires et de leurs dquipages dans les
ports ötrangers* (endgültig angenommen in der Haager Sitzung vom 23.
August 1898) über den oben genannten Satz nicht hinausgekommen. Ueber
diesen Satz hat bei den Beratungen eine Debatte überhaupt nicht stattge-
funden. Die Fassung (quantit6 nscessaire pour atteindre le port national
le plus proche) war von KLEEN vorgeschlagen worden. (Annuaire de I’In-
stitut 1898, p. 60, 65, 264, 265, 285.) Auch in seinem späteren bedeutenden
Werke: Lois et usages de la Neutralite, Paris 1898 (t. I, p. 529 fl.) hat
KLEEN diesen Satz ohne Zulassung von Modifikationen aufrecht erhalten.