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a belligerent fleet proceeding to Ihe seat of war“. Dieses fast
völlige Versagen des Rechts auf Kohlen, das gerade mit Rück-
sicht auf die bevorstehende Fahrt der 2. russischen Ostseeflotte
und als Antwort auf das Verhalten des russischen Kreuzers
Dmitri Donskoi (unten zu V) erfolgt zu sein scheint, steht aber
auch in der englischen Praxis einzig da. Jener Maltheser Er-
lass enthielt sogar eine Verschärfung gegenüber dem bisherigen
offiziellen Standpunkt Englands in demselben Kriege. Was
frühere Kriege angeht, so verbot England im Jahre 1870/71 den
in der Nordsee stationierten französischen Kriegsschiffen die
Kohleneinnahme in englischen Häfen; indessen jene Schiffe waren
in Ausübung, kriegerischer Operationen begriffen, und Eng-
lands Küste wäre andernfalls zum Stützpunkt der französischen
Seekriegführung geworden. Wie England sich übrigens damals
im Falle unvorhersehbarer Not eines französischen Schiffes ver-
halten haben würde, ist damit noch nicht beantwortet (vgl.
unten V). Jenes Verhalten Englands war ein Beispiel gewissen-
haftester Neutralitätsauffassung, wie überhaupt England, so selhır
es aus naheliegenden Gründen einer Reform des Seekriegsrechts
widerstrebt, den Ausbau des Neutralitätsrechts wesentlich: geför-
dert hat. (Andere Beispiele in meinem Buche „Krieg und See-
kabel“, Berlin 1904, S. 24, 114, 115, 135.)
Neuerdings hat LAWRENCE eine neue Regel aufgestellt:
jede Kohleneinnahme in neutralen Häfen müsste aus -
nahmslos verboten sein. Das sei das Ideal nicht nur für
England, sondern für die ganze zivilisierte Welt. Freilich viele
Staaten seien noch nicht „reif“ für diese Aenderung. (LAWRENCE,
War and Neutrality in the Far East, London 1904, p. 129.)
Bei aller Anerkennung der Autorität dieses Völkerrechtskenners
kann man doch nur wünschen, dass diese Lehre niemals Geltung
erlange. Wie kann Neutralität diese Regel diktieren, wenn
gleichzeitig die Ausfuhr von Kriegskontrebande erlaubt ist, wenn
derselbe neutrale Staat gestatten darf, dass durch Kohlenschiffe