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Hafen von Wladiwostok, früher Port Arthur in Betracht. (Dass
Port Arthur als russisches Gebiet anzusehen war, ebenso wie
Kiautschou als deutsches, ist neutralitätsrechtlich zweifellos.)
Dass aber nicht jeder neutrale Hafen, den die Flotte anläuft,
Kohlen nach dem Höchstmasse liefern darf, liegt auf der Hand.
Sonst könnte, infolge häufigen Hafenanlaufens, die Flotte durch
die Hilfe der Neutralen in den Stand gesetzt werden, monate-
lang Kriegsoperationen auf dem Seekriegsschauplatz auszuführen.
Andererseits würde es aber zu unbilliger Verzögerung und
sogar zu Chikane führen, wollte ein neutraler Staat nur so viel
Kohlen liefern, als unter Hinzurechnung der auf dem Kriegs-
schiff etwa noch vorhandenen Kohlenmenge zur Erreichung des-
jenigen nächsten Hafens nötig ist, in dem weitere Kohlen einge-
nommen werden können. (Die Neutralitätsregeln für den Be-
reich des Suezkanals vom 10. Febr. 1904 enthalten allerdings
eine solche Bestimmung, beruhen aber wohl auf den besonderen
Verhältnissen dieser Wasserstrasse.) Es erscheint vielmehr an-
gemessen, die Ergänzung des Kohlenvorrats dahin zu gestatten,
dass der nächste heimatliche oder der nähere neutrale Bestim-
mungshafen (nicht ein feindlicher Hafen, da es sich dann um Be-
förderung kriegerischer Massnahmen handeln würde), der nach
dem Plane des Schifis- oder Flottenkommandanten angelaufen
werden soll, erreicht werden kann. Vorher hat freilich die
Hafenbehörde sich zu überzeugen, inwieweit nach Massgabe des
auf dem Schiff noch vorhandenen Kohlenvorrats eine Kohlennot
besteht. Doch wird das Ehrenwort des Schiffskommandanten
nach völkerrechtlichen Grundsätzen genügen müssen. Vorbild-
lich dürfte ein Erlass des englischen Kolonialsekretärs vom
16. Februar 1904 sein, wonach die Kohlenlieferung abhängig ge-
macht wird von einer auf Ehrenwort abgegebenen schriftlichen
Erklärung des Schiffskommandanten, in welcher die an Bord
noch vorhandene Kohlenmenge und der nächste Hafen, den der
Kommandant anlaufen will, anzugeben ist