Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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unrichtig. Denn abgesehen davon, dass die grosse Mehrzahl der 
Preussen polnischer Nationalität der deutschen Sprache mächtig 
sel, erscheine jenes Recht des Staates als das stärkere; der 
Staat vertrete das Interesse der Gesamtheit gegenüber demjeni- 
gen einzelner, welche ihr Recht unter Schädigung jenes Inter- 
esses auszuüben sich befugt hielten. Uebrigens müsse — und 
das sei der. Schwerpunkt der Sache — bestritten werden,‘ dass 
die Verfassung den Preussen polnischer Nation ein solches Recht, 
wie in Anspruch genommen werde, überhaupt gewährt habe. 
Der Artikel 29, der Verfassung sei den Deutschen -Grundrechten 
nachgebildet, nach denen „die Deutschen das Recht haben, sich 
friedlich und ohne Waffen zu versammeln“ ; zweifellos habe man 
damit nur an deutsch redende Versammlungen gedacht. Der 
Artikel 29 sei zu einer ’Zeit entstanden, in: der man sich .der 
Gefahren eines unbeschränkten Versammlungsrechts bereits zu 
wohl bewusst gewesen sei, um es wahrscheinlich erscheinen zu 
lassen, dass der Gesetzgeber jeder Agitation das Recht habe ge- 
währen wollen, in fremder, den Beamten nicht verständlicher 
Sprache die Versammlungsfreiheit zu missbrauchen. Auch der 
Schluss, dass der Gebrauch fremder Sprachen in Versammlungen 
deshalb freistehe, weil ihn die Verfassung nicht verbiete, sei 
irrig. Vor Erlass der Verfassungsurkunde habe ein Versamm- 
lungsrecht im Sinne des Artikels 29 überhaupt nicht existiert; 
um daher die Annahme zu rechtfertigen, dass in Versammlungen 
in jeder beliebigen Sprache verhandelt werden dürfe, hätte in 
der Verfassung ausdrücklich ausgesprochen werden müssen, dass 
der Gesetzgeber eine so weit gehende Aenderung des bis dahin 
geltend gewesenen Rechtszustandes beabsichtigt habe. Die Be- 
zugnahme auf die Pressfreiheit und Artikel 27 der Verfassungs- 
urkunde sei unzulässig, da diese Verfassungsbestimmung lediglich 
die Verhältnisse der Presse regelten, letztere aber auf ganz an- 
deren Voraussetzungen beruhten als das Versammlungsrecht. 
Ebenso sei die Berufung auf die bisherige Praxis tatsächlich un-
	        
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