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lich und schriftlich! ausgesprochene ausserordentlich strenge Auf-
fassung von den Pflichten der Neutralität in diesem Kriege die
Haltung Englands wesentlich beeinflusst hat, empfiehlt daher die
Aufnahme einer Klausel, wonach jede Verwendung der einge-
nommenen Kohlen zu Kreuzerzwecken oder zur Erreichung eines
andern als des angegebenen Bestimmungshafens das Schiff der-
art disqualifizieren soll, dass es in Häfen desselben neutralen
Staats während desselben Krieges weitere Kohlen nicht mehr
erhalte (LAWRENCE p. 136).
Damit komme ich zu dem letzten Punkte in dieser Ueber-
sicht, wie nämlich zu verfahren sei, wenn das Kriegsschiff nicht
mehr auf der Reise ist, sondern wenn es sich zum Kreuzerkrieg
oder zur Seeschlacht anschickt, mit einem Worte: wenn es nicht
mehr reisen, sondern feindliche Handlungen begehen will.
Hier ist Strenge seitens der Neutralen durchaus am Platze,
und es ist davon auszugehen, dass die Kohlenlieferung in neu-
tralem Seegebiet, wenn dadurch das Schiff zur Begehung feind-
licher Handlungen befähigt oder in ihr gefördert wird, der Neu-
tralität zuwiderläuft. Es liesse sich hier nach strenger Auffas-
sung der Standpunkt vertreten, den, wie oben angedeutet, Eng-
land im deutsch-französischen Kriege Frankreich gegenüber ein-
nahm, nämlich jede Kohlenlieferung für unzulässig zu erklären.
Indessen die Praxis hat diese feinen, nach dem von dem be-
treffenden Kriegsschiffe unmittelbar verfolgten Zwecke abgestuften
Unterschiede, zu denen England in den Kriegen 1870/71 und
1904 gelangt ist, bisher nicht anerkannt. Auch in der englischen
Praxis ist diese Strenge eine Ausnahme, denn sie wurde in an-
deren Kriegen nicht angewandt. Die Durchführung dieses Stand-
punkts würde auch in der Praxis zu grossen Schwierigkeiten
! Das im Text gemeinte Buch „War and Neutrality in the Far East*,
London 1904, ist aus vier Vorlesungen entstanden, die LAWRENOE zu Ostern
1904 in Cambridge, und einem weiteren Vortrage, den er am 25. Mai 1904
in der Royal United Service Institution gehalten hat.