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des Schaffens, woher kommt sie? „Wie ein Staat sich aus freiem
Entschluss unter die Oberhoheit eines anderen Staates begeben
oder gar in ilım aufgehen lassen kann, so kann er auch mit
anderen Staaten zusammen ein neues Staatswesen errichten, in-
dem sie alle in dasselbe eintretend sich angliedern“!. Damit
begründen sie aber kein Rechtsverhältnis unter sich, sondern
jeder Staat tritt nur in ein verfassungsmässiges Verhältnis zum
(resamtstaat. In dem Errichtungsakt — dessen \Wesen zwei un-
zertrennliche Vorgänge bilden: nämlich Entstehung des Neu-
staates und Abtretung der dazu erforderlichen Hoheitsrechte an
das entstehende Staatswesen — wirken die schaffenden Staaten
als Parteigenossen zusammen. Dass der Verfassungsentwurf einem
norddeutschen Parlament, welches nach dem durch das Reichs-
wahlgesetz vom 12. April 1849 vorgeschriebenen Modus berufen
war, zur Beratung vorgelegt wurde, war lediglich „ein Akt po-
litischer Klugheit, der sich dem juristischen Massstab entzieht“.
Es war kein wirklicher Reichstag; denn vor dem Inkrafttreten
der Bundesverfassung fehlte für einen solchen die rechtliche
Grundlage. KUNTZE bezeichnet es als eine Abnormität, dass
nicht die Landesvertretungen sämtlicher Einzelstaaten der aufge-
stellten Bundesverfassung beigetreten sind, dass dies erst nach
dem Publikandum vom 26. Juli 1867 geschehen sei; denn nur
durch die Beitrittserklärung der Landesvertretungen konnte die
Bundesverfassung zum geltenden Recht erhoben werden. Bis
dahin war „das beabsichtigte neue Staatswesen in der Schwebe“;
durch ihre Beitrittserklärungen „ratihabierten die Landesvertre-
tungen die Vorgänge und vervollständigten nachträglich die mangel-
hafte Rechtsgrundlage“ (S. 84). So haben die Einzelstaaten einen
Verbünde. Leipzig. 1902. S. 31: „Die freie Willenstat, die eine Verbands-
person ins Leben ruft, ist kein Vertrag, sondern ein schöpferischer Gesamt-
akt. Dies gilt für die Gründung des Norddeutschen Bundes und des deut-
schen Reiches und gilt nicht minder für jede Vereinsgründung.“
ı Kunzze S. 81, 82.