Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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höheren Willen geschaffen und sich diesem unterworfen. „Le- 
gitim und unanfechtbar“ wurde der Neustaat errichtet durch 
einen Gesamtakt, der sich durch drei Stufen hindurch entwickelt 
hat: 1. Herstellung des Verfassungsentwurfs. 2. Erklärung der 
Souveräne zu diesem Entwurfe. 3. Beitritt der Landesvertre- 
tungen. Mit der letztgenannten Tatsache kam der Gesamtakt 
zum vollen Abschluss, war die Schöpfung des Bundesstaates voll- 
sndet. — 
Dies die Deduktion KUNTZES in ihren wesentlichen Punkten. 
Die Konstruktion, welche er uns damit geben will, muss als miss- 
lungen bezeichnet werden. Es fehlen insbesondere die nötigen 
tatsächlichen Grundlagen für dieselbe. Aber selbst, wenn diese 
gegeben wären, so wäre noch immer nicht erwiesen, dass der 
Akt der Bundesstaatsschöpfung ein Rechtsakt ist. KUNTZE 
hat für die Rechtsnatur der Staatsentstehung keine hinreichende 
Begründung gebracht und diese lässt sich nicht erbringen, wie- 
wohl sie von anderen vor und nach KUNTZE versucht worden ist. 
„Kraft ihres selbstherrlichen Willens haben die Einzelstaaten 
durch ihre Unterwerfung unter das neue Staatswesen einen Bun- 
desstaat geschaffen“, den Schöpfungsakt verwirklicht, einen neuen 
Willen über sich hervorgebracht. So KUNTZE (S. 85 und 86). 
Die Gedankenoperation, welche damit zugemutet wird, dürfte 
schwerlich jemandem gelingen. Uebrigens macht KUNTZE selbst 
den gleichen Vorwurf in einer Polemik gegen TRrIEPps!. 
Dieser erkennt, dass das neue Staatswesen nur nach dessen 
eigenstem Willen existent geworden ist; ohne das Auftreten von 
Organen des selbständigen Wollens und Handelns ist die Grün- 
dung des Bundesstaates nicht vollendet. Diese Gründung selbst 
aber erscheint ihm nicht als ein „rechtlicher, sondern als ein 
politischer und damit tatsächlicher Akt, der nicht auf Rechts- 
gründe wie Vertrag oder Gesetz zurückgeführt werden kann“. 
ı Das deutsche Reich und die deutschen Bundesstaaten in ihren recht- 
lichen Beziehungen (1890).
	        
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