— 17 —
höheren Willen geschaffen und sich diesem unterworfen. „Le-
gitim und unanfechtbar“ wurde der Neustaat errichtet durch
einen Gesamtakt, der sich durch drei Stufen hindurch entwickelt
hat: 1. Herstellung des Verfassungsentwurfs. 2. Erklärung der
Souveräne zu diesem Entwurfe. 3. Beitritt der Landesvertre-
tungen. Mit der letztgenannten Tatsache kam der Gesamtakt
zum vollen Abschluss, war die Schöpfung des Bundesstaates voll-
sndet. —
Dies die Deduktion KUNTZES in ihren wesentlichen Punkten.
Die Konstruktion, welche er uns damit geben will, muss als miss-
lungen bezeichnet werden. Es fehlen insbesondere die nötigen
tatsächlichen Grundlagen für dieselbe. Aber selbst, wenn diese
gegeben wären, so wäre noch immer nicht erwiesen, dass der
Akt der Bundesstaatsschöpfung ein Rechtsakt ist. KUNTZE
hat für die Rechtsnatur der Staatsentstehung keine hinreichende
Begründung gebracht und diese lässt sich nicht erbringen, wie-
wohl sie von anderen vor und nach KUNTZE versucht worden ist.
„Kraft ihres selbstherrlichen Willens haben die Einzelstaaten
durch ihre Unterwerfung unter das neue Staatswesen einen Bun-
desstaat geschaffen“, den Schöpfungsakt verwirklicht, einen neuen
Willen über sich hervorgebracht. So KUNTZE (S. 85 und 86).
Die Gedankenoperation, welche damit zugemutet wird, dürfte
schwerlich jemandem gelingen. Uebrigens macht KUNTZE selbst
den gleichen Vorwurf in einer Polemik gegen TRrIEPps!.
Dieser erkennt, dass das neue Staatswesen nur nach dessen
eigenstem Willen existent geworden ist; ohne das Auftreten von
Organen des selbständigen Wollens und Handelns ist die Grün-
dung des Bundesstaates nicht vollendet. Diese Gründung selbst
aber erscheint ihm nicht als ein „rechtlicher, sondern als ein
politischer und damit tatsächlicher Akt, der nicht auf Rechts-
gründe wie Vertrag oder Gesetz zurückgeführt werden kann“.
ı Das deutsche Reich und die deutschen Bundesstaaten in ihren recht-
lichen Beziehungen (1890).