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Einzelstaatsrechtssatzes aus betrachtet „legitim“ ist oder nicht.
Dies hat mit unserer Frage gar nichts zu tun und ist nur irre-
führend. Keine Staatsgewalt — einmal existent geworden —
ist von einer ihr bereits tatsächlich unterworfenen Einzelperson
oder einem ihr unterworfenen Verbande im juristischen Sinne
anfechtbar. Für den privatrechtlichen Begriff Anfechtbarkeit
ist bei einer Untersuchung über die Entstehung des Gesamt-
staates kein Raum. Der Gesamtstaat, der durch das Auftreten
und Tätigwerden neustaatlicher Organe geworden ist, gehört in
keiner Weise vor das Forum eines Einzelstaates, der ihm unter-
worfen ist. Dem Ne.ustaat wäre kein Stück von seinem Wesen
genommen worden, wenn eine Landesvertretung nachträglich
hätte Schwierigkeiten machen wollen. Vom politischen Stand-
punkt aus freilich mag man den Wert einer solchen Tatsache
anders zu schätzen haben. Legitimität ist kein \Wesensmoment
der Staatsgewalt.e. Mit dem Wesen der Staatsgewalt ist es un-
vereinbar , dass sie „in der Schwebe“ ist, dass man ihre Ent-
stehung, Fortdauer und Ewigkeit auf etwas anderes gründet als
ihren eigensten Willen.
Dem Kuntze’schen Gebäude fehlt, soweit er es in Gebiet
des Öffentlichen Rechtes setzt, um die Entstehung des Bundes-
staats darin unterzubringen, das Fundament; die tatsächlichen
Grundlagen sind nicht vorhanden. Der Neustaat entstand nicht
durch Vereinbarung der 22 Staaten, er wurde nicht durch ihr
Zusammenhandeln ins Leben gerufen. Die causa efficiens war
das Tätigwerden neustaatlicher centraler Organe. Der Wille,
zu dem sich die Einzelstaatswillen vereinigt haben sollen, ist ein
Schatten, etwas lediglich Gedachtes, nicht im Reich der Wirk-
lichkeit. Er ist unvermögend, den bislang nur vorgestellten Ge-
samtstaat, den neuen Staat als Macht in die Erscheinung zu
rufen, in Tat umzusetzen, was den Einzelpersönlichkeiten und
den Organen der Einzelstaaten vorschwebte. Nicht auf dem
Willen der Einzelstaaten, auch nicht ihrer Summe, sondern auf