Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 12 — 
Gesamtheit der 22 Staatspersönlichkeiten, und somit wäre die 
Bundesstaatsschöpfung ein juristisch sehr wohl erfassbares Faktum. 
Doch auch diese Begründung vermag die Gesamtaktstheorie 
nicht zu retten. Wenn es nicht das Recht des Einzelstaates 
und nicht das Recht des eben erst ins Dasein tretenden Nen- 
staates sein kann, welches an eine Vereinbarung der Staaten die 
Wirkung der Staatsentstehung knüpft, so kommt nur noch das 
Völkerrecht als diejenige Rechtsordnung in Betracht, mit deren 
Hilfe man die Rechtsnatur des Errichtungsaktes dartun zu kön- 
nen glaubte!. Ist es nicht die Völkerrechtsordnung, welche die 
Staatsschöpfung zu einem rechtlichen Vorgange stempelt, so ist 
seine juristische Unkonstruierbarkeit nicht mehr zu bezweifeln. 
Wenn BınpmG? konstatierte, dass „die vereinbarte Ver- 
fassung die verbindliche Kraft, der neue Staat seine Rechtsver- 
bindlichkeit schöpfte aus der vernünftigen, vom Rechte nicht re- 
probierten, ihm vielmehr als Handlung des Rechtsausbaues will- 
kommenen Tat zu ihrer Errichtung fähiger Gründer“, so war 
damit so gut wie alles unklar gelassen. Von welchem Rechte 
spricht BINDING? 
Auch bei KUNTZE sucht man vergebens nach einer über- 
zeugenden Begründung des Satzes, dass die Staatsentstehung 
ein Rechtsprozess sei. Was er mit seinen ziemlich zahlreichen 
Analogisn verdeutlichen will, bedürfte zunächst der Begründung. 
Mit Analogien lässt sich die Staatsschöpfung nicht als Rechts- 
akt erweisen. Es besteht ein fundamentaler Unterschied z. B. 
zwischen der Begründung einer Aktiengesellschaft und der Staats- 
schöpfung. : Es sind zwei grundverschiedene Dinge, deren Zu- 
sammenstellung vermieden werden sollte. Zwar erklärt AnscHÜTz® 
„die Tatsache, dass das Dasein des Bundes und die Geltung 
ı Vgl. Hineı, Deutsches Staatsrecht I S. 386. JELLINEK, Allg. Staats- 
lehre S. 708 ft. 
2 Binvine S. 70. 
® ANSCHUTZ, Deutsches Staatsrecht (KOHLERS Enzykl.) 1904 UI S. 505 £.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.