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buch der Unfallversicherung, herausgegeben von Mit-
gliedern des R.-Vers.-Amts, Anm. 9, Abs. 2 zu $ 67 U.V.G.
Gleichwohl sind aus Zweckmässigkeitsgründen für besondere
Fälle ausdrücklich Abweichungen in der Weise zugestanden, dass
der Rentenanspruch mit der Auszahlung einer Kapitalabfindung
sein Ende nimmt, und da seit dem Inkrafttreten der neuen Vor-
schriften, die in den Unfall- und Invalidenversicherungsnovellen
hierüber sich finden, bereits einige Jahre verflossen sind, so er-
scheint eine Prüfung der gegenwärtigen Rechtslage und ihres
Einflusses auf die Verhältnisse der Versicherten wohl am Platze.
Der einfachste, nur geringe Schwierigkeiten bietende Fall
der Kapitalabfindung ist die Wiederverheiratung der
Witwe eines durch Betriebsunfall Umgekommenen ($ 16 Abs. 2
Gew.U.V.G.). Die hinterbliebene Ehefrau des Getöteten erhält,
wenn sie zu einer zweiten Ehe schreitet, sechzig Prozent des
Jahresarbeitsverdienstes des verstorbenen Gatten ($ 10 Abs. 1—4
das.) als Abfindung. Massgebend hierfür ist, wie die Begrün-
dung des ursprünglichen Unfall-Vers.-Gesetzes ergibt!, die Er-
wägung gewesen, dass es sowohl im allgemeinen Interesse als in
dem der zur Entschädigungsleistung Verpflichteten liegt, die Wie-
derverheiratung der Witwen zu erleichtern, während eine Be-
stimmung, nach der bei der neuen Eheschliessung völliger Ver-
lust der Rente eintreten solle, leicht die Veranlassung dazu ab-
geben könnte, dass Witwen ein aussereheliches Verhältnis ein-
gehen. Diese Gründe treffen auch heute noch, nachdem inzwi-
schen zwei Jahrzehnte verstrichen sind,: in vollem Umfange zu;
ja man wird sich sogar, da der Sinn für die Heiligkeit der Ehe
des Heilverfahrens (88 18 ff. Inv.-V.-G.) hält das R.-Verse.-Amt daran fest,
dass die Versicherungsanstalten die Uebernahme desselben nicht vom Ver-
zichte des Versicherten auf einen Teil seiner Rente abhängig machen sollen,
vgl. den Jahresbericht für 1904, Reichstagsdrucksachen v. 1905,
Nr. 703, 8. 64.
! Reichstagsdrucksachen von 1884, Nr. 4, 8. 47; Stenogr.
Berichte des Reichstages, ebenda Bd. III, S. 72.