— 201 —
20 oder weniger Prozent der Rente für völlige Erwerbsunfähig-
keit (der „Vollrente“) so geringe Beträge in Monatsraten aus-
machten, dass ihnen ein wirtschaftlicher Wert kaum beizumessen
sei. Auf der andern Seite bilde schon wegen der grossen An-
zahl so geringfügiger Renten die dauernde Kontrolle des Körper-
zustandes der Rentenempfänger und die mit der dauernden
Rentenzahlung verbundene sonstige Verwaltungstätigkeit eine er-
hebliche Last für die Genossenschaften. Unter diesen Umstän-
den werde in vielen Fällen eine Abfindung unbedenklich und
beiden Teilen erwünscht sein. In der Reichstagskommission !
fand dieser Gedanke eine geteilte Aufnahme. Auf der einen
Seite erkannte man das Bedürfnis an, die Verwaltung der Be-
rufsgenossenschaften von den kleinen aber sehr zahlreichen Unfall-
renten zu entlasten und dadurch die Notwendigkeit einer Ueber-
wachung des Zustandes der Rentenempfänger zu beseitigen;
ausserdem wurde für die Kapitalabfindung ins Treffen geführt,
dass unter Umständen in derselben ein wirtschaftlich wertvolleres
Aequivalent für die Schmälerung der Erwerbsfähigkeit liege, als
in dem Bezuge einer ganz geringfügigen Rente. Dem gegenüber
wiesen andere darauf hin, dass die Kapitalabfindung den im
Eingange unseres Aufsatzes erwähnten Grundsatz der Renten-
entschädigung durchbreche, welche fortlaufend die entsprechen-
den Lohnverluste ersetzen soll. Es sei für den meistens geschäfts-
unkundigen Arbeiter die Abfindung ohne besondere Vorkehrungen
und Einschränkungen auch deshalb gefährlich, weil nach erledig-
tem Abfindungsverfahren später. eintretende Verschlimmerungen
der Unfallfolgeun nicht mehr Berücksichtigung finden könnten ;
ebenso werde das Abfindungskapital zuweilen nicht wirtschaftlich
verwendet werden, und endlich erscheine es zweifelhaft, ob die
Grenze für die Kapitalabfindung mit 20 % der Vollrente nicht
schon zu hoch gegriffen sei. Ein Vorschlag, die Abgrenzung.
nur bis zu 10 % zu bestimmen, wurde mit Rücksicht darauf ab-
ı Bericht Nr. 708a a. ä. O. S. 98.