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Aktenmitteilung gestellt werden könnte, zweifellos als gerecht-
fertigt anzusehen sein.
Nun hat allerdings das Reichsversicherungsamt sich vor
einiger Zeit! dahin ausgesprochen, dass das Unterlassen der An-
hörung der unteren Verwaltungsbehörde und der Rechtsbelehrung
des Abzufindenden über die Endgültigkeit der Abfindung nicht
unter allen Umständen das Verfahren ungültig mache.
Die näheren Einzelheiten des betreffenden Falles sind indes
danach angetan, ihn als besondere Ausnahme von der gesetz-
lichen Regel betrachten zu lassen: es handelte sich um einen vor
dem Schiedsgericht geschlossenen Abfindungsvergleich, dem die
ausführliche Erörterung der ganzen Rechtslage durch den Vor-
sitzenden und die Parteien vorangegangen war, so dass sich der
Bezugsberechtigte keinen Augenblick über die Bedeutung des
Abkommens im Unklaren sein konnte und, was ausdrücklich
hervorzuheben ist, nicht der Abgefundene hatte nachträg-
lich den Vergleich anzufechten gesucht, sondern der Vorstand
der Berufsgenossenschaft war mit dem Hinweis auf
die Formmängel des Vergleichs an das Reichsversicherungsamt
herangetreten, das sich mit Recht auf den Standpunkt stellte:
die zum Schutze der Versicherten gegen Uebervorteilung er-
lassenen Vorschriften dürfen nicht benutzt werden, um der Be-
rufsgenossenschaft gegen den Willen des Rentenberechtigten eine
Handhabe zur Beseitigung eines sonst einwandfreien Abfindungs-
vergleichs zu geben.
Wenn oben (8.203) schon gegen die hier und da beobach-
teten Massnahmen der Berufsgenossenschaften, zur Stellung des
Abfindungsvertrages die Anregung zu geben, im Einklang mit
der Auffassung des Reichsversicherungsamts Bedenken geäussertsind,
so verdient noch schärfere Verurteilung das Vorgehen eines Ge-
nossenschaftsvorstandes ?, welcher einem Versicherten die geplante
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!Amtl. Nachrichten 1908, S. 854, Nr. 1988.
2 Vgl. den Aufsatz von HooH in der „Arbeiterversorgung“