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Inzwischen aber hatte sich nun auch die wissenschaftliche
Theorie der Frage angenommen. Schon im Jahre 1897 machte
der Verwaltungsgerichtsdirektor Blümke in Danzig in zwei Artikeln
der „Deutschen Zeitung“ !° gegen das Urteil des Oberverwal-
tungsgerichts vom 5. Oktober 1897 Front. Mit ganz ähnlicher,
jedoch wesentlich breiter ausgreifender Begründung trat dann
1901 PHiLipp ZORN gegen die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts
auf. ! Mit grossem Nachdruck erklärte er, die Beziehungen,
in welche die Polizeibehörde durch ihren überwachenden Ver-
trauensmann zu einer politischen Versammlung trete, seien ein
„Geschäftsverkehr“ im Sinne von $& 1 des Gesetzes vom 28. Au-
gust 1876, denn die Beaufsichtigung von Versammlungen, in
denen öffentliche Angelegenheiten beraten würden, bilde eine
gesetzliche Amtspflicht der Polizei. Da nun aber nach dem
oben angeführten Gesetze die deutsche Sprache die ausschliess-
liche Geschäftssprache aller Behörden, Beamten und politischen
Körperschaften des Staates sei, so müsse sie auch im Geschäfts-
verkehr der Polizei mit politischen Versammlungen Alleinbe-
rechtigung geniessen, und demgemäss sei der eine solche Ver-
sammlung überwachende Beamte, falls die Teilnehmer der Ver-
anstaltung sich bei ihrer Aussprache eines nichtdeutschen Idioms
bedienten, nicht allein berechtigt, sondern gradezu verpflichtet,
zur Auflösung .zu, verschreiten, weil die Versammelten durch ihr
Vorgehen die Autorität der in Preussen allein herrschenden
deutschen Staatssprache verletzt hätten. Uebrigens könne das
Vereinsgesetz auch um deswillen nicht auf der Grundlage der
Sprachenfreiheit beruhen, weil sonst der Gesetzgeber hätte anord-
nen müssen, dass der Polizei nicht bloss Ort und Zeit der Ver-
sammlung, sondern auch ihre Sprache zu bezeichnen sei.
»° Vom 24. und 25. Dezember 1897, wieder abgedruckt in der „Ost.
mark“ 1901, Nr. 12.
11 ZoRN, Die deutsche Staatssprache: Verwaltungsarchiv Bd. 10. 8.1ff.;
Bd. 11. S. 189 ff, auch als besondere Broschüre (Berlin 1908) erschienen,