Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 266 — 
Scheidung nach diesen Gesichtspunkten ohne weiteres klar und aller- 
seits anerkannt. In mehreren Beziehungen besteht über die Zuge- 
hörigkeit zum öffentlichen bezw. zum Privatrechte und damit über 
die Anwendung der materiellen Rechtsnorm sowohl wie über die 
Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs Meinungsverschiedenheit. 
I. Der Staat, die Gemeinde u. s. w. veranstaltet eine öffent- 
liche Arbeit, betreibt ein öffentliches Unternehmen; durch die 
Veranstaltung oder den Betrieb werden Privatrechte einzelner 
beeinträchtigt. Z. B. der Funkenflug aus einer Eisenbahn setzt 
einen Gegenstand in Brand, städtische Kanalisierungsarbeiten 
schädigen Fundament und Festigkeit eines Hauses, aus einem 
Kanal sickert Wasser in ein Gebäude, Veränderungen an der 
Strasse entziehen oder erschweren den Anwohnern die Verkehrs- 
möglichkeit, den Licht- und Luftbedarf u. drgl. Vorausgesetzt 
ist hierbei immer, dass der Eingriff nicht widerrechtlich ist, der 
betroffene Private sich daher desselben nicht mit der Negatorien- 
klage erwehren kann (vgl. B.G.B. $ 1004 Abs. 2, $ 1027) und 
dass Verschulden eines staatlichen Organs nicht vorliegt; denn 
solchen Falles würden die Schadensfälle eines besonderen Inter- 
esses entbehren, sie würden einfach in die Linie der nach allge- 
meinem bürgerlichen Rechte zu reprobierenden Verletzungen 
rücken. Inwieweit die erste jener Voraussetzungen zutrifft — 
die zweite ist Tatfrage — bestimmt sich zufolge Art. 109 E.G.B.G.B. 
nach Landesrecht. Das hervorragendste Beispiel ist die förm- 
liche Enteignung mit Entschädigungspflicht des Unternehmers; 
sie ist allerwärts durch positive Normen geordnet. Dagegen ge- 
bricht es ausserhalb des Enteignungsverfahrens meist an aus- 
drücklichen Vorschriften darüber, ob der Beeinträchtigte, der 
sich die Beeinträchtigung gefallen lassen muss, einen Anspruch 
auf Schadensersatz hat; die in verschiedenen Staaten auf Grund 
des Art. 125 E.G. erlassenen Vorschriften das Bedürfnis nicht. 
Ist der Anspruch de lege ferenda gerechtfertigt, ist er de 
lege lata begründet, und in welchem Umfange? Ist die Angele-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.