— 274 —
überall da von Bedeutung, wo die Ersatzpflicht nicht auf beson-
derer Vorschrift beruht, sondern aus Vorschriften des allgemeinen
bürgerlichen Rechtes gefolgert oder mit deren Hilfe konstruiert
wurde. Das ist, wie wir gesehen, im früheren französischen Rechts-
gebiete der Fall, und hier geriet denn auch der Boden. ins
Wanken. Die Art. 545 und 1382 C.c. sind aufgehoben und das
Recht der Strassenanlieger ist nach Meinung des R.G. aus dem
B.G.B. nicht mehr zu begründen (Bd. 51 S. 251)'. Einen teil-
weisen Ersatz findet das R.G. für Rheinpreussen im Art. 9 der
preuss. Verfassung. Auch für Elsass-Lothringen hat es, wie wir
sahen, in weitherziger und gerechter Würdigung der Bedürfnisse
des Verkehrs und der Rechtsgewöhnung des Volkes die Entschä-
digungspflicht aufrechtzuerhalten verstanden. Aber man hat den
Eindruck, dass hier die Gerechtigkeit der Sache eine gewisse
Notstandsjurisprudenz geschaffen; ob sie hinsichtlich des Rechtes
der Strassenanlieger die Belastungsprobe ausgehalten hätte, mag
dahin stehen. Die elsass-lothr. Gesetzgebung hat vorgesehen und
in der Novelle zu den Justizgesetzen v. 13. II. 1905 dem A.G.B.G.B.
als$ 40a die folgenden Vorschriften eingefügt, durch die die Ent-
schädigungspflicht für Schäden aus öffentlichen Arbeiten umfassend
geregelt worden ist:
Wird durch die Veranstaltung einer ‚öffentlichen Arbeit 'oder durch
den Betrieb eines dem öffentlichen Nutzen dienenden Unternehmens das
Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen beeinträchtigt, so. ist
derjenige, welcher die öffentliche Arbeit veranstaltet oder das Unter-
‘ Warum das R.G. seine Konstruktion verlässt, hat es nicht‘ ausgespro-
chen. Anscheinend, weil die sachenrechtl. Formerfordernisse des B.G.B.
die Annahme einer Dienstbarkeit durch stillschweigenden Vertrag nicht zu-
lassen. Allein der Annahne eines (obligatorischen) Benutzungsrechtes auf
Grund stillschweigenden Vertrags zwischen öffentl. Verwaltung und den An-
bauenden bezw. ihren Nachfolgern würde eine Vorschrift des B.G.B.
nicht entgegenstehen, womit indessen einer solchen Annahme hier nicht das
Wort geredet werden soll. Sie würde ein Recht auch nur gegen die ver-
tragschliessende Verwaltung, kein absolutes Recht gegenüber je d-
wedem Eingriff ergeben.