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fach als die einzige Grundlage für das Benutzungsrecht der
Strassenanlieger angesehen wird (vgl. u. a. v. BLUME S. 103),
wäre hierfür ganz ungeeignet; man müsste denn etwa die berück-
sichtigenswerten Fälle kasuistisch einzufangen suchen. Die ge-
setzgebenden Faktoren haben daher gut getan, in ausdrücklicher
Formulierung ihrer übereinstimmenden Ansicht die erwähnte, auf
das Verhalten der öffentl. Verwaltung gegenüber den Anbauenden
gegründete Auffassung der Vorschrift zugrunde zu legen und damit
die ganze reiche Judikatur des französischen Staatsrats und des
R.G. aufrechtzuhalten und die gebührende Begrenzung des ge-
setzlich anerkanntca Rechtes zu sichern’. — Man hat in der
Annahme eines Entschädigungsanspruchs der Strassenanlieger
eine unbillige Bereicherung derselben gefunden, da sie ja auch
ı So wird Entschädigung z. B. nicht gewährt, wenn eine bisher durch-
gehende Strasse (etwa infolge Durchquerung mit einem Eisenbahndamm)
zur Sackgasse wird, oder wenn durch Abzweigung einer neu angelegten
Strasse eine bestehende Strasse zum Nachteil der dortigen Geschäftshäuser
ihren bisherigen lebhaften Verkehr verliert. Denn dieMöglichkeitder
Benutzung der Strasse zum Zwecke des Verkehrs auf dem Strassen-
netze wird dadurch nicht berührt. Nur diese Benutzungsunmöglichkeit in
dem bisherigen Umfange, nicht die Erhaltung des Strassennetzes in seinem
bisherigen Verlaufe an sich wird aber als Gegenstand eines Rechtes ange-
sehen. Vom Standpunkte der blossen Billigkeit könnte man geneigt
sein, auch in solchen Fällen Entschädigung zu gewähren, und vom Stand-
punkte des Gemeingebrauchs würde wenigstens die Umwandelung
der Strasse in eine Sackgasse, und zwar nicht nur für die unmittelbaren
Anlieger, sondern such unter Umständen für die Anwohner einer einmün-
denden Seitenstrasse oder gar noch entfernterer Strassen als Beeinträchti-
gung anzusehen sein. Dagegen konnte, worauf es nach obigem allein an-
kommt, die Zurverfügungstellung der Strassezum Anbau
zwar als Gewähr für die der dermaligen Beschaffenheit der Strasse entspre-
chende Kommunikationsmöglichkeit, Licht- und Luftzufuhr, nicht aber auch
als die mit einer ordentlichen Gemeindepflege unvereinbarliche Gewähr für
die Erhaltung des Strassennetzes in seinem dermaligen Verlaufe
angesehen werden. Vgl. hierzu ausser der franz. Judikatur (Dalloz, suppl.
au rep. v. travaux publics Nr. 1433, Perriquet, trait6 thdorique et pratique
des travaux publics, II. Nr. 906 ff.) die Urt. des R.G. in Entsch. Bd. 25
S. 242, Bd. 56 S. 101, in GrucHors Beitr. Bd. 36 8. 929, in J.W. 18%
S. 155, 1900 S. 167.