Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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wiederum jedermann der Einspruch gegen jede abgegebene Stimme 
zu, und hat auf solchen Einspruch oder auch von Amts wegen 
die Wahlprüfungskommission und endgültig der Reichstag über die 
materielle Gültigkeit einer jeden abgegebenen Stimme zu entschei- 
den. Für die Wahrung der materiellen Gültigkeit des Er- 
gebnisses der Wahlhandlung sind also wie auch der 3. Senat in 
seiner früheren Entscheidung im 21. Bd. S. 416 sagt, gesetzlich 
positiv andere Modalitäten und andere Instanzen angeordnet: 
Ihre Wahrung durch $ 108 St.G.B. ist auch nicht erforderlich. 
„Hat ein materiell Unberechtigter mitgewählt bezw. mitge- 
stimmt — sagt der 3. Senat ebenda — so wird diese Tatsache 
durch den Wahlakt und seine Beurkundung nicht verdunkelt, 
sondern gerade erhärtet, da jede Nachprüfung der Wählerlisten 
die Gültigkeit oder Ungültigkeit der dadurch ausgeübten Wahl- 
rechte erkennen lässt und die Ausscheidung ungültiger Stim- 
men bei Feststellung des zahlenmässigen Ergebnisses der Wahl- 
handlung gestattet.“ 
Will man dem Strafrichter den Schutz des materiellen Wahl- 
rechts überlassen, so überträgt man ihm eben dadurch eine Auf- 
gabe, für die gesetzlich positiv andere Instanzen angeordnet sind 
und setztsich dadurch in Widerspruch zum Ge- 
setze. 
Das aktive Wahlrecht zum Reichstage ist, wie das Reichs- 
gericht in Entsch. Bd. 21 S. 416 sagt, „zwar an sich an verhält- 
nismässig einfache Vorbedingungen geknüpft ($ 1 des Wahlge- 
setzes), in seiner aktuellen Ausübungsbefugnis aber, wie $ 3 zu 
Nr. 1—4 und $ 7 des Wahlgesetzes zeigen, zum Teil von leicht 
zweifelhaften, streitigen, für den einzelnen Wähler undurchsich- 
tigen Voraussetzungen des bürgerlichen, peinlichen und öffent- 
lichen Rechtes abhängig.“ 
Bisher ist über das Vorhandensein dieser Voraussetzungen 
entsprechend den Bestimmungen des Wablgesetzes, des Walhıl- 
reglements und der Verfassung und entsprechend der Entschei- 
dung des Reichsgerichts im 21. Bd. S. 414 ausschliesslich von 
den Gemeindebehörden und dem Reichstage entschieden worden. 
Der Strafrichter ist an diese Entscheidungen nicht gebunden.
	        
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