Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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wird die Ausübung des Wahlrechts für zahllose Wähler sein. 
Politisch bedeutet die neue Entscheidung 
desReichsgerichtseineEinschränkung desall- 
gemeinen Wahlrechts zum Reichstag und eine 
Untergrabung des Artikel 27 derReichsverfas- 
sung, wonach der Reichstag die Legitimation 
seiner Mitglieder prüft und darüber entscheidet. 
Aber auch auf dem Gebiete des Wahlrechts zu den Land- 
tagen, zu den Provinz-, Kreis- und Gemeinde-Vertretungen, zu 
den Gewerbe- und Kaufmanns-Gerichten und zu den sonstigen 
politischen oder öffentlichen Körperschaften ist diese neue Ent- 
scheidung von weittragender Bedeutung; denn der 8 108 bezieht 
sich seinem Wortlaut nach auf die vorsätzliche Herbeiführung 
eines unrichtigen Ergebnisses der Wahlhandlung „in einer öffent- 
lichen Angelegenheit“ und umfasst daher alle diese Wahlen. 
So sind die staatsrechtlichen Voraussetzungen für die Wahlen 
zum preuss. Abgeordnetenhaus, welche in der Verordnung über 
die Ausführung der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kam- 
mer vom 30. Mai 1849 und den vom Staatsministerium erlassenen 
Reglements enthalten sind, für den einzelnen Wähler noch un- 
durchsichtiger und zweifelhafter als die zu den Reichstagswahlen. 
Das preuss. Abgeordnetenhaus, welches nach Art. 78 Abs. 1 
der preuss. Verfassung die Legitimation seiner Mitglieder prüft 
und darüber entscheidet, hat über diese Voraussetzungen zahl- 
reiche Entscheidungen getroffen. 
Aehnlich liegt es bei den Wahlen zu den Landtagen der 
übrigen deutschen Staaten. Der Wähler wird sich in allen diesen 
Fällen zukünftig nicht mehr auf seine ordnungsgemässe Eintra- 
gung in die Wahlliste verlassen können, sondern wird auf seine 
eigene Gefahr unter Berücksichtigung der etwaigen widerspre- 
chenden Entscheidungen des Reichstags, des Landtags und des 
Strafrichters die Berechtigung seiner Eintragung nachprüfen 
müssen. 
Wo bei den Wahlen zu den Provinzial-, Kreis- und Ge-. 
meinde-Vertretungen nach Landesrecht die Verwaltungsgerichte 
über die Legitimation der Gewählten entscheiden, haben diese,
	        
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