Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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soweit bekannt geworden, bisher fortgesetzt ebenso wie früher 
das Reichsgericht entschieden, dass jeder ordnungsgemäss in die 
Listen eingetragene Wähler sich als berufen ansehen kann, sein 
Wahlrecht auszuüben. So namentlich das preuss. Oberverwal- 
tungsgericht. Vgl. Entsch. d. pr. Oberverw.-Ger. Bd. 14 S, 59, 
Bd. 27 S. 18, Bd. 31 S. 8, Bd. 36 S. 121. Dies Gericht hat 
auch noch weitergehend den Grundsatz aufgestellt und ständig 
festgehalten, dass „die rechtskräftige Wählerliste die unabänder- 
liche Grundlage für die Wahl bildet und den Eingetragenen, 
gleichgültig, ob ihre Eintragung zu Recht oder zu Unrecht er- 
folgt ist, das Stimmrecht verleiht“. 
Die Strafkammer wird diese Wähler, welche vom O.V.G. 
als materiell stimmberechtigt anerkannt sind, aus 8 108 St.G.B. 
bestrafen müssen, wenn sie nach seiner Ansicht materiell zu Un- 
recht in die Liste. eingetragen sind. 
Die neue Entscheidung des Reichsgerichts 
bedeutet deshalb eine Wahlbeschränkung und 
eine Gefahr für den Wähler bei allen Wahlen 
des öffentlichen Rechts. 
II. 
Das noch nicht veröffentlichte Erkenntnis des 2. Strafsenats 
des Reichsgerichts vom 7. Februar 19056 — D. 362/04 — schliesst 
sich dem Erkenntnis des 3. Strafsenats vom 11. Juli 1904 (Entsch. 
Bd. 37 S. 233) zwar nicht in den Gründen, so doch in dem Er- 
gebnis an. 
Der 2. Strafsenat sagt: „Als “Wahlhandlung?’ stellt sich nach 
den Bestimmungen des Wahlreglements die Summe derjenigen 
Akte dar, welche im Wahltermin vorzunehmen sind (88 9, 10, 
12, 13, 18, 22 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870 Bundes- 
Gesetz-Blatt S. 275 ff.), ‘das Ergebnis’ der Wahlhandlung aber 
ist, wenn auch die Ermittelung desselben erst nach dem 
Wahltermin erfolgt ($ 9 Abs. 1 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 
1869 Bundes-Gesetz-Blatt 8. 145 ff. und $$ 26, 27, 29 des Regle- 
ments), bereits mit der Abgabe der Wahlstimmen gegeben, deren 
ziffernmässiges Verhältnis über die Wahl des einen oder andern 
Kandidaten als Erfolg der Wahlhandlung entscheidet
	        
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