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Politik und Handelspolitik treiben können, so trifitt dies auf alle Klein-
staaten zu und doch sind Monaco, Liechtenstein, San Marino, Luxemburg
u. 8. w. Stuaten und zwar souveräne und dasselbe galt von Hessen-Hom-
burg, Schaumburg-Lippe, Lübeck u. s. w. zur Zeit des deutschen Bundes.
Nicht das Quantum der Macht, sondern die Qualität der Hoheitsrechte ist
für den Begriff des Staates entscheidend.
Der Verf. sieht sich ferner veranlasst, den von ihm aufgestellten Be-
grifl' der Souveränetät dadurch näher zu bestimmen, dass er. ihn in Gegen-
satz zur Omnipotenz der Staatsgewalt setzt. Die Staatagewalt sei auf das-
jenige Mass beschränkt, welches sich aus den staatlichen Aufgaben oder
Pflichten ergebe. Dies ist keine Verneinung der Souveränetät, denn die
Beschränkung erfolge nicht durch das Gebot einer übergeordneten Gewalt,
sondern durch den eigenen Willen des Staates selbst, durch „Autolimite-
tion“, Erst durch diese Selbstbeschränkung erlange die souveräne Staats-
gewalt den Charakter einer Rechtsinstitution. Der Verf. stelıt bei diesen
Erörterungen auf den von JELLINEK gegebenen. Grundlagen. So richtig es
nun ist, dass es eine in Wahrheit schrankenlose Staatsgewalt niemals ge-
geben hat und niemals geben kann, auch nicht in den absoluten oder des-
potisch regierten Staaten wie die Türkei, Russland oder Persien; so glaube
ich doch, dass der Verf. hier die Grenzen des Rechts überschreitet und Er-
wägungen, die anderen Gebieten angehören, einmischt. Dass .der Staat
seine Auforderungen an die Untertanen beschränkt, ihnen eine grosse Sphäre
individueller Freiheit und Selbstbestimmung gewährt und garantiert, sich
selbst einem Riehterspruch unterwirft, ob die Staatsbehörden in einem kon-
kreten Full sich innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse gehalten haben u.s. w.
beruht auf Gründen der Politik, Ethik, Klugheit u. 8. w., aber nicht auf
einer rechtlichen Bindung. Der Satz, dass der Staat nur die „gesetzinässi-
gen* Leistungen und Unterlassungen und Jen „gesetzmässigen“ Gehorsam
fordern kann, hat nur formale Bedeutung, denn das Gesetz kann jeden
denkbaren Inhalt haben. Eine Selbstbeschränkung ist ohne rechtliche Kraft;
denn man kann sich von ihr nach Belieben frei machen; tut man es nicht,
so geschieht dies nicht, weil man nicht darf, sondern weil man aus Klug-
heit, Sittlichkeit, Anstand, Furcht u. s. w. nicht will. Dies gilt vom Staat
wie von: einzelnen. Der Staat kann die Grenzen seiner „Autolimitation*®
‚u jeder Zeit nach seinen Bedürfnissen verändern; er kann seinen Unter-
tanen durch Veränderung der Gesetzgebung die Wehrpflicht, Gerichtspflichten,
finanzielle Lasten, die Versicherungspflicht, polizeiliche Beschränkungen je-
der Art u. 8. w. auferlegen, ohne dass man irgend eine Linie bezeichnen
kann, an welcher der Staat die ihm vom Recht gezogenen Grenzen der
Autolimitation überschreiten würde. Die Form gesetzgeberischer Akte wird
vom Recht bestimmt, der Inhalt nicht; für diesen können ganz andere Mo-
tive massgebend sein un sind es regelmässig auch in der Tat. Daher kann
warn nach m. Ans. mit dem Begriff der rechtlichen Selbstbeschränkung das