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für die unter dem bestimmenden Einfluss der Nationalitätsidee
erfolgten Gebietsänderungen zutrifft. Dass es sich hiebei um die
Bewohner und nicht um das Land gehandelt hat, kommt ja auch
in dem engen Zusammenhang der Nationalitätsidee mit der Ple-
biszittheorie zum Ausdruck, die auf dem Gedanken beruht, dass
die Herrschaft über die Bewohner eines Landes nur mit deren
Zustimmung eine Aenderung erfahren dürfe Allein die Plebis-
zittheorie, die, folgerichtig zu Ende gedacht, zu einem förmlichen
Loslösungsrecht der Staatsteile gegenüber dem Staatsganzen füh-
ren müsste (vgl. STOERK, Option und Plebiszit S. 67) hat sich
nie zu einem anerkannten Institute des Völkerrechtes zu kon-
densieren vermocht. Weit eher gilt dies von der in einer ganzen
Reihe von Verträgen des letzten Jahrhunderts vorkommenden
Optionsklausel, der die genau entgegengesetzte Vorstellung zu
grunde liegt, dass das Land, nicht aber die Herrschaft über die
Bewohner, Gegenstand der Abtretung ist.
Im Sinne der Optionsklausel gelangen die Bewohner des
abgetretenen Gebietsteiles zunächst nur unter die Territorialho-
heit des Erwerbers und erst nach Ablauf der Optionsfrist wer-
den sie, soweit sie nicht rechtswirksam optiert haben, zu Ange-
hörigen dieses Staates. Der Rechtsgrund des Erwerbes der
Personalhoheit und damit des vollen Imperiums über die Be-
wohner ist also nicht die Cession, sondern die formell freiwillige,
stillschweigende Unterwerfung (vgl. STOERK a. a. S. 28, womit
seine Auffassung der Option im Handbuch des Völkerrechtes II
S. 613 und 614 freilich nicht übereinstimmt).
Ich will hiebei nicht verschweigen, dass auch eine Ansicht
vertreten wird, wonach trotz der Optionsklausel ein sofortiger
Wechsel in der Staatsangehörigkeit der Bewohner eintreten soll.
Allein diese Ansicht, die ihre Entstehung gewissen Inkonvenien-
zen verdankt, die mit dem Uebergangsstadium der blossen Ter-
ritorialhoheit verbunden sind, dabei aber selbst in die Verlegen-
heit gerät, bei den Optierenden einen doppelten Wechsel der