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als ein rein äusserliches auflasst und der Tatsache, dass ein Staat
ohne Gebiet eben kein Staat ist, ratlos gegenübersteht, weil es für
ein solches Verhältnis an jeder Analogie im Privatrechte fehlt.
Die Eigenschaftstheorie hingegen vermag in keiner Weise
die Gebietscession zu erklären. Weder die Verstümmlungs- noch
die Vernichtungs-Idee, weder die Theorie JELLINEKs von der
ausschliesslichen Cession des Imperiums noch die Verwandlungs-
kunst SEIDLERs können uns darüber hinwegtäuschen, dass, wenn
irgend etwas unveräusserlich ist, eine persönliche Eigenschaft, ein
Moment im Wesen der Persönlichkeit unveräusserlich sein muss.
Die Eigenschaftstheorie muss ferner, um augenscheinlich ab-
surden Konsequenzen zu entgehen, einen in Wirklichkeit gar
nicht vorhandenen Unterschied zwischen dem Verhältnis des
Staates zu seinem Kolonialgebiete und dem Staatsgebiete im enge-
ren Sinne statuieren.
Ihr Grundfehler ist aber, dass sie aus einem ganz anderen Ge-
dankenkreise als dem juristischen stammt und daher dem Konstruk-
tionsbedürfnisse der Jurisprudenz nicht zu genügen vermag. Denn
konstruieren heisst doch in erster Linie begreifen, Unbekanntes auf
Bekanntes zurückführen, die scheinbare Singularität als Spezialfall
eines gegebenen Typus erkennen. Nun gibt es aber im ganzen Um-
kreise der Rechtswissenschaft keine zweite Beziehung zwischen einer
Person und einer Sache, die dadurch charakterisiert wäre, dass die
Sache ein Moment im Wesen der Person ist. Wenn also mit diesem
(oder einem sinnverwandten) Ausdruck die Beziehung zwischen Staat
und Gebiet erklärt werden soll, so ist dies eben keine Erklärung,
denn diese Beziehung bleibt dann in der Begrifiswelt des Juristen
ebenso isoliert wie zuvor d. h. unverstanden. Aus welcher Ge-
dankenregion aber der fragliche Ausdruck herrühri, erkennt man
daran, dass ein dem Pantheismus huldigender Metaphysiker die
Welt sehr wohl als ein Moment im Wesen Gottes bezeichnen
könnte. Wie also die Eigentumstheorie dem öffentlichen
Rechte, so ist die Eigenschaftstheorie dem Rechte überhaupt