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Kraft der Rechtsmacht über seine örtliche
Kompetenzkannsich der Staat fremdes Gebiet
angliedern und eigenes Gebiet abtretenund an
seinen Küsten die Grenze bestimmen, inner-
halb welcher er zur See die Militär-, Finanz-,
Justiz- und Polizeihoheit ausübt.
Wir haben die Gebietshoheit als die örtliche Kompetenz
des Staates bezeichnet; das Gebiet ist demnach die
örtliche Kompetenzsphäre — der örtliche Wir-
kungskreis — der Sprengel der Staatsgewalt.
Es hat sich uns daher der herrschenden Terminologie zum
Trotz und abweichend von allen Meinungen, über die wir zu
berichten hatten, die Gebietshoheit als der primäre, das Gebiet
als der sekundäre Begriff erwiesen. -Für unsere Auffassung stehen
sich nicht eine Person und eine Sache gegenüber, deren recht-
liche Beziehung zu einander festzustellen wäre, sondern wir haben
es mit einer Person zu tun, die eine gewisse rechtliche Eigen-
schaft hat, als deren Reflex sich das Gebiet (nicht das Recht
am Gebiet!) darstellt. Indem so der Sachcharakter aus dem Ge-
bietsbegriffe gänzlich ausgemerzt wird, wird erst der Eigentums-
theorie völlig der Boden entzogen. Denn bei nicht allzu tiefem
Nachdenken lässt sich dieselbe mit der Bezeichnung des Gebietes
als „Attribut des Staates“, „als räumliche Grundlage seiner Herr-
schaftsentfaltung“, als „Domizil des Volkes“, ja selbst mit der
Bezeichnung als „Moment im Wesen des Staates“ ganz leidlich
vereinigen. Ist aber das Gebiet der Sprengel der Staatsgewalt,
dann erscheint es ebenso verkehrt, dem Staate ein dingliches
Recht an dem Gebiete zuzuschreiben, wie wenn man einem re-
ligiösen Orden oder einem humanitären Vereine ein solches Recht
an dem Felde seiner Tätigkeit beilegen wollte.
Wenn demnach unsere Auffassung im entschiedensten Ge-
gensatze zur Eigentumstheorie steht, so ist doch der Unterschied
zwischen ihr und der Eigenschaftstheorie kaum minder gross,