— 34 —
benachbartem Amtsgebiet aus mancherlei Gründen stattfinden,
so z. B. weil der in Frage kommende Gebietsteil von dem Sitze
der Behörde, der er zugewiesen werden soll, leichter zu erreichen
ist als von dem der anderen oder weil eine solche Verschiebung
— man denke an die Zustände in Böhmen — im Interesse der
nationalen Abgrenzung geboten erscheint. Der Parallelismus
zwischen diesen beiden Fällen und den beiden Fällen der Ge-
bietscession springt in die Augen.
Auffallend mag es erscheinen, dass wir dem souveränen
Staate eine ebenso unbeschränkte Rechtsmacht über seine ört-
liche Kompetenz zuschreiben, wie dies im Anschluss an HÄNEL
hinsichtlich seiner sachlichen Kompetenz zu geschehen pflegt.
Zwar wird niemand an der negativen Seite dieser Rechtsmacht
zweifeln, die darin besteht, dass der Staat nicht nur Teile seines
Gebietes, sondern auch sein ganzes Gebiet abtreten, also frei-
willig aufhören kann zu existieren, was ja im Falle der beiden
Fürstentümer Hohenzollern und des Herzogtums Lauenburg tat-
sächlich geschehen ist. Welchen Sinn hat es aber, sämtlichen
souveränen Staaten diese Rechtsmacht auch ihrer positiven Seite
nach d.h. also die unbeschränkte Rechtsmacht zur Gebiets er-
weiterung beizulegen? Widerspricht eine solche Annahme
nicht allem Völkerrecht und — was noch mehr sagen will —
dem gesunden Menschenverstande? Darauf ist zunächst zu er-
widern, dass diese Rechtsmacht nicht Recht, sondern, wie wir
ja schon wissen, Kompetenz ist. Was aber jemand innerhalb
seiner Kompetenz tut, braucht darum noch nicht dem Rechte
gemäss zu sein, wie wohl nicht erst bewiesen werden muss. Wenn
wir also einem Staate die unbeschränkte Rechtsmacht zur Ge-
bietserweiterung zuschreiben, so hindert dies nicht, einen solchen
Vorgang in concreto als Rechtsbruch zu bezeichnen. Es steht
eben mit der örtlichen Kompetenz des Staates nicht anders als
mit seiner sachlichen Kompetenz, deren schrittweise Erweiterung
im Laufe der letzten Jahrhunderte zwar auf Grund der Rechts-