Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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merkt haben, stellt die Eigentumstheorie das Verhältnis des 
Staates zum Mutterlande als ein viel zu äusserliches dar: die 
Eigenschaftstheorie hingegen müsste — wenn sie konsequent 
wäre — sein Verhältnis zu den Kolonien für enger und inniger 
ausgeben, als einer theoretisch nicht voreingenommenen Betrach- 
tungsweise entspricht. Beide Klippen vermeidet die Auffassung 
des Gebietes als örtliche Kompetenzsphäre; sie passt ebenso gut 
auf das Herz des Landes wie auf die jüngste Erwerbung in 
Ostasien oder Central-Afrika.. Der Unterschied zwischen der 
Wirkungsweise des Staates im Mutterlande und in den Kolonien 
fällt hiebei lediglich in die Sphäre der personellen und der sach- 
lichen Kompetenz: die Eingeborenen der Kolonien sind in der 
Regel nicht Staatsbürger und die Aufgaben, die sich der Staat 
in den Kolonien stellt, sind andere als in der Heimat teils wegen 
des Abstandes im Kulturniveau, teils weil er seine Kompetenz 
durch Gewährung weitgehender Autonomie freiwillig einschränkt. 
Es erübrigt uns, das Verhältnis der örtlichen zu der perso- 
nellen Kompetenz in der Hauptsache darzulegen. Dieses Ver- 
hältnis lässt sich durch zwei Kreise versinnlichen, die sich derart 
schneiden, dass ihre Flächen sich zum weitaus grösseren Teile 
decken. Die beiden Kompetenzen treten nur hinsichtlich der im 
Staatsgebiete weilenden Fremden und der im Auslande weilenden 
Staatsangehörigen auseinander. Je mehr nun die Entwicklung 
von einem blossen Nebeneinander von Staaten zu einer Gemein- 
schaft und von dieser zu einer organisierten Gemein- 
schaft von Staaten fortschreitet, desto mehr tritt die personelle 
Kompetenz gegenüber der örtlichen in den Hintergrund. Ja, es 
lässt sich behaupten, dass fast jeder Fall, wo die personelle 
Kompetenz im internationalen Verkehr eine Rolle spielt, sich als 
Symptom einer Hemmung jenes Entwicklungsprozesses darstellt. 
Das gilt in erster Linie von der mit dem stärksten Hemmungs- 
grunde — dem Kriege — in Verbindung stehenden Wehrpflicht, 
heutzutage wohl der einzigen öffentlich-rechtlichen Pflicht, die 
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