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keit, hält belehrende Vorträge, sondern es sind die Mitglieder
selbst, welche das innere Vereinsleben pflegen. Der Staat ist
Subjekt, aber gleich wie alle andern menschlichen Verbände nur
nach aussen, gegenüber Seinesgleichen und rechtlich Gleichge-
stellten.
Man hört zur Begründung der Annahme eines internen
Staatssubjektes sagen, dass sonst die Einheit des staatlichen Le-
bens verloren gehe. Dieses interne Staatssubjekt sei der feste
Punkt, um den sich alles drehe, sich alles anranke. Die Ein-
heit oder Einheitlichkeit der staatlichen Funktionen bedarf aber
keiner solchen Fiktion. Das, was alles zusammenhält, alles ord-
net, widerspruchsloses und harmonisches Funktionieren aller Teile
bewirkt, ist das Gesetz. Durch die Fiktion eines internen Staats-
subjektes wird die Geschlossenheit und Harmonie nicht erklärt,
sondern in Frage gestellt. Schon der Gegensatz zwischen dem
herrschenden Staatssubjekte und den beherrschten Untertanen
bedeutet einen Riss im Verbande, einen unvermittelten Abstand.
Dadurch wird die richtige Auffassung des Bestehens gegensei-
tiger Rechtsverhältnisse der Verbandsmitglieder und des gesetz-
mässigen Waltens aller Elemente verkümmert; es liegt keine
Rechtsverbindung, keine Rechtsgemeinschaft mehr vor, sondern
lediglich ein Gewaltverhältnis !.
Man kann das Vorhandensein eines im Innern des Verbandes
wirkenden, realen Subjektes nicht durch die Annahme eines in-
nern, d.h. auf die Angelegenheiten des einzelnen sich beziehen-
den Gemeinwillens begründen. Zunächst könnte ein Gemeinwille,
der durch die Vielheit der Individualwillen begründet wird, nicht
wieder jedem einzelnen Individualwillen gegenübergestellt werden.
! FRICKER, a. a. OÖ. S. 38 bemerkt: „Es soll jene Theorie bekämpft
werden, die mit Zuhilfenahme der Staatspersönlichkeit den organischen Cha-
rakter- des Staats zerstört, indem sie den im Staat vereinigten Menschen-
kreis in zwei einander abstrakt gegenübergestellte Stücke zerreisst, ein herr-
schendes Subjekt, den Souverain, und ein beherrschtes Objekt — das Volk.“