Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Fiktionen Zuflucht nehmen muss, um „die unbefangene Betrach- 
tung“ zu unterstützen und klaffende Widersprüche zu vermitteln. 
6. 
Es kann nun nicht geleugnet werden, dass im politischen 
und rechtlichen Sprachgebrauche häufig der Ausdruck Staat in 
dem Sinne Anwendung findet, dass damit nicht der Verband als 
Ganzes, sondern etwas spezifisch Wirkendes im Verbande ins 
Auge gefasst wird. Dieses staatliche Moment im Verbande wird 
einem andern, nicht spezifisch staatlichen Momente gegenüber- 
gestellt. Man spricht von Staat und Gemeinde, Staat und Kirche, 
Staat- und Schule, Staat und Presse, Staat und Landwirtschaft, 
Staat und Gewerbe, Staat und Industrie, Staat und Versicherung, 
Staat und Armenpflege, Staat und Krankenpflege, Staat und 
Altersversorgung, Staat und unschuldig Verfolgte oder Ver- 
urteilte etc. etc. Es frägt sich, ob man bei dieser Gegenüber- 
stellung den „Staat“ als eine Persönlichkeit sich denkt, die als 
wirkende Individualität auftritt. Diese Frage ist zu verneinen; 
der Ausdruck „Staat“ wird hier im Sinne von staatlichem Mo- 
mente gebraucht. Mit der Hervorhebung des staatlichen Mo- 
mentes wird das Machtvolle, die Superiorität, das Wirkungsvolle 
der von den staatlichen Behörden ausgehenden Tätigkeit hervor- 
gehoben, und dabei unentschieden gelassen, wo, d.h. bei welcher 
Staatsbehörde speziell dieses wirkende Moment anzutreffen sei, 
beim Gesetzgeber, bei der Regierung oder bei einer andern dazu 
kompetenten Staatsbehörde Es kommt weniger auf die genaue 
Benennung des wirkungsvollen Faktors im Verbande als darauf 
an, hinzuweisen, dass ein Faktor im Kreise der staatlichen Be- 
hörden anzutreffen ist, dem das Wirkungsvolle gegenüber dem 
andern Momente zukommt. | 
Wenn man von Staat und Gemeinde spricht, will man durch 
einen kurzen Ausdruck die staatliche Gesetzgebung und Verwal- 
tung in einen Gegensatz zur Selbstverwaltung und Autonomie der
	        
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