Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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dass die Staatsgewalt keine ursprüngliche Geschlossenheit und 
Ganzheit aufweist. Sie ist vielmehr, namentlich im modernen 
Staate, die Zusammenfassung mehrerer Macht- und Gewalter- 
scheinungen, die von einer Mehrzahl von Behörden ausgehen. 
Nicht das Ganze der Staatsgewalt ist das Ursprüngliche und die 
allfällige Teilung ein nachgehender Vorgang, sondern umgekehrt 
sind die Einzelgewalten, die einzelnen Machtentfaltungen, aus- 
gehend von den einzelnen Staatsbehörden, das Ursprüngliche und 
die begriffliche Zusammenfassung das Sekundäre, Der konkrete 
Inhalt der Staatsgewalt ist der zusammengefässte Inhalt sämt- 
licher von den Staatsbehörden ausgehenden Machtentfaltungen 
in dem betreffenden Staate. Danach erledigt sich auch die Frage, 
ob die Staatsgewalt begrifflich teilbar sei. Da die Staatsgewalt 
die Zusammenfassung von einzelnen Gewalten ist; einen Kollek- 
tivbegriff darstellt, so lässt sie sich auch wieder in so viele Ein- 
zelgewalten zerlegen, als man besondere Arten von Funktionsaus- 
übungen der Staatsbehörden in einem konkreten Staate kennt. 
Es darf übrigens gesagt werden, dass der Begriff der Staats- 
gewalt nicht die Bedeutung hat, die man allgemein anzunehmen 
scheint. Zunächst ist der Begriff von Haus. aus ein rein poli- 
tischer; er diente auf der einen Seite dazu, das Recht des Mo- 
narchen auf seine Stellung politisch zu begründen, indem man 
die Unwiderruflichkeit annahm; anderseits wurde der gleiche Be- 
griff der Staatsgewalt wieder verwendet, um politisch zu bewei- 
sen, dass ein Recht des Volkes auf Zurücknahme der Gewalt 
bestehe u. s. w. Sodann gehört der Begriff mehr einer naiven, 
vulgären Auffassung an, welche das Aeussere, das Rohe, die 
‚blosse Begleiterscheinung als das Wesentliche ansieht. Es ist 
bei eingehender Betrachtung gewiss sicher, dass sich die haupt- 
sächlichsten:. und wichtigsten Funktionen staatlicher Behörden 
ohne Gewalterscheinungen, ohne äussere Kraftanwendungen voll- 
ziehen; man denke namentlich an die Gesetzgebung und die 
Rechtsprechung. Bloss die niederen Funktionen entfalten sich
	        
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