Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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gegen ist die Konstruktion subjektiver individueller Rechte gegen- 
über der Staatsgewalt als Objekt verfehlt, die individuellen Rechte 
richten sich gegen die Staatsbehörden selbst, auf Innehaltung 
der gesetzlichen Schranken bei Ausübung der Funktionen. 
Der Begriff der Staatsgewalt wird auch verwendet zur Cha- 
rakterisierung des Staatsverbandes gegenüber andern mensch- 
lichen Verbänden: der Staatsverband sei Verband mit Staats- 
gewalt, die andern Verbände seien solche mit anderer Gewalt, aber 
nicht mit Staatsgewalt. Man hat behufs näherer Unterscheidung 
die Staatsgewalt als Herrschergewalt bezeichnet, d. h. als Gewalt, 
freien Menschen zu bıfehlen und sie zu zwingen. Damit wird 
aber ein sicheres Kennzeichen nicht gefunden. Schon der Be- 
griff des freien Menschen ist unbestimmt; er erinnert an das 
naturrechtliche homo liber natus. Befehlen und zwingen sind 
ebenfalls nicht Begriffe, die sich durch genauen juristischen Ge- 
halt auszeichnen. Zur Charakterisierung des Staatsverbandes 
gegenüber andern menschlichen Verbänden oder Gemeinwesen 
braucht man aber nicht zu dem vagen Begriffe der Herrscher- 
gewalt zu greifen. Das Kriterium kann in viel einfacherer und 
präziserer Weise hervorgehoben werden: die Gesetze des Staats- 
verbandes können alle Seiten des menschlichen Lebens erfassen, 
in universaler Weise alle menschlichen Interessen ordnen; die 
Normengebungen anderer Gemeinwesen können sich nur soweit 
bewegen, als die staatliche Gesetzgebung Raum lässt oder dazu 
ermächtigt. Ebenso verfehlt ist es, mit dem Begriffe einer ab- 
gestuften Gewalt das Bundesstaatsverhältnis zu erklären; alles, 
was von der Superiorität der Bundesgewalt gegenüber der glied- 
staatlichen Gewalt gesagt wird, lässt sich viel zutrefiender aus- 
drücken durch den Satz: Bundesrecht geht vor Partikularrecht. 
Es ist auch nicht möglich, aus dem Begrifie der Gewalt heraus 
den Unterschied zwischen dem Giliedstaate eines Bundesstaates 
und einer Gemeinde zu erklären; wenn man hier wieder dem 
Gliedstaate Herrschergewalt und der Gemeinde nur gewöhnliche
	        
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