Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Gewalt zuschreiben will, so ist daran zu erinnern, dass es Ge- 
meindenormen gibt, die sehr ausgedehnte Gewalten zulassen !. 
Der Begriff der Staatsgewalt wird auch verwendet zur Cha- 
rakterisierung der völkerrechtlichen Stellung eines Staates. Ein 
Verband mit höchster Gewalt sei vollgewichtiges Mitglied der 
Völkergemeinschaft, sei sog. souveräner Staat. Hier wird ganz 
unnötig und unlogisch ein inneres Moment des Verbandes zur 
Charakterisierung nach aussen herbeigezogen. Nicht die Be- 
schaffenheit der. eigenen inneren Staatsgewalt prägt den Verband 
nach aussen als Staat; es ist lediglich der Mangel einer über 
dem Verbande stehenden weitern Gewalt oder, zutreffender ge- 
sagt, das Fehlen eines über dem Verbande geltenden höheren 
Verbandsrechts, was dem Verbande seine Eigenschaft als voll- 
gültiger Staat im völkerrechtlichen Sinne verleiht?. Zur Bildung 
des juristischen Begriffes der Souveränität ist somit der Gewalt- 
ı Der Unterschied zwischen einem Gliedstaate des Bundesstaates und 
einer Gemeinde wird nie in der innern Beschaffenheit der beiden Verbands- 
arten gefunden werden können. Der (juristische) Unterschied liegt lediglich 
in dem Verhältnisse der beiden Arten von Verbänden nach aussen. Der 
Gliedstaat ist nicht ausschliesslich mit Bundesrecht umhüllt, sondern unter- 
steht in gewissen Richtungen dem Völkerrecht; er ist Persönlichkeit nicht 
nur nach bundesstaatlichem Rechte, sondern auch nach Völkerrecht (völker- 
rechtliche Persönlichkeit). Die Gemeinde ist ganz von staatlichen Rechte 
umgeben und grenzt nirgends an das Völkerrecht; sie ist Persönlichkeit nur 
nach staatlichem Rechte, nicht nach Völkerrecht. 
3 Man könnte freilich wieder entgegenhalten: gerade die Bezeichnung 
einer Verbandsgewalt als der höchsten schliesst aus, dass noch eine höhere 
Gewalt, nämlich diejenige eines höhern Verbandes darüber: besteht. Dann 
wird aber zur Vergleichung etwas beigezogen, das gar nicht existiert und 
das überhaupt ausser dem Verbande zu suchen wäre. Man macht sich mit 
der Heranziehung eines derartigen relativen Merkmals der gleichen schiefen 
Auffassung schuldig, wie, wenn jemand, der einzig auf einer einsamen Insel 
lebt, sich als der grösste Mensch auf dieser Insel erklärt. Man kann Gewalten 
innerhalb des nämlichen Verbandes vergleichen und die eine mit dem Merk- 
mal der höchsten gegenüber den andern auszeichnen. Es geht aber nicht 
wohl an, die Gewalt eines Verbandes in Relation zu setzen mit der nicht 
bestehenden Gewalt eines ganz andern, nicht bestehenden Verbandes.
	        
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