Helgien. (Mai 5 — Juni 13.) 437
– -:
bis Ende 1881 157 Sitzungen und vernahm in 74 Aezirken 4890 Zeugen.
Ter Bericht schildert eingehend, mit welchen Mitteln der Klerus den Schul-
krieg gegen das Gesetz von 1870 geführt hat und noch führt, und konstatiert
in Hunderten von Fällen, wie von ihm die Kinder gegen ihre Eltern, die
Frauen gegen ihre Männer jum Ungehorsam und zum Widerstand gegen
das Gesetz, das übrigens den fakultativen Religionsunterricht in der Schule
gestattet, aufgeheut worden sind und noch werden, nebenbei auch der König
und selbstverständlich die Minister nichts weniger als geschont werden.
5. Mai. Senat: genehmig! das Unterrichtsbudget seinerseits
mit 32 gegen 22 Stimmen.
5—10. Mai. Kammer: Große Debatte über den Bericht der
Schulenquete-Kommission.
Die Rechte ist anwesend, nimmt aber an der Debatte keinen Anteil,
sondern beguügt sich mit folgender Erklärung, die von Malon verlesen wird,
und die im Grunde nur ihre Berlegenheit gegenüber den beglaubigten That-
sachen bekundet: „Die Schulenqucte ist nicht verfassungsmäßig. Wir haben
nicht daran teilgenommen und werden jeht auch nicht darüber sprechen, be-
halten uns aber vor, dem Lande gewisse Handlungen der Kommission zur
Kenntnis zu bringen. Wir lehnen die Ergebnisse einer Arbeit ab, die für
uus wertlos ist. So wie die Schulenquete vorgenommen worden, ist sie ein
Mittel der liberalen Propaganda. Man beguügt sich nicht mit den That-
sachen, sondern sucht damit auf die bevorstehenden Wahlen einzuwirken und
auf dem Lande gegen die Priester Haß und Verachtung zu wecken. Be-
zichtiget nur die Priester soviel ihr wollt; ihr werdet ihnen nimmer die
Stellung nehmen, welche sie in Geist und Herzen des Volkes haben. as
hier auch gesagt wird, wir nehmen leinen Teil an der Debatte.“ Der Justiz-
minister Bara bezeichnet diese Erklärung als ein Selbstengnis der hi
macht ꝛc. Die Kammermehrheit nimmt folgende Tagesordnung an:
Erwägung, daß sich keine Stimme erhoben hat, um die tatholische Schiäche
und den Epifkopat von der Schuld der gehässigen Handlungen, mit denen
sie die Ausführung eines Landesgesetzes haben hindern wollen, zu enllasten,
billigt die Kammer den Gebrauch, den der Schulenquete= Ausschuß von der
ihm durch die Kammer übertragenen verfassungsmäßigen Vollmacht gemacht
hat, zue ersucht den Ausschuß, fortzufahren und seine Aufgabe vollständig
zu erfüllen."“
24. Mai. Bei den Provinzialratswahlen gewinnen die Libe-
ralen etwas weiteren Boden, jedoch nicht allzuviel.
13. Juni. Erneuerungswahlen der Hälfte der II. Kammer
und des Senates. Die liberale Mehrheit wird durch das Resultat
in beiden etwas verstärkt.
Der Senat besleht aus 66, die Kammer aus 132 Mitgliedern; im Senat
waren also 33 Mandate zu besehen, wogu noch infolge der Bevölkerungszu-
nahme 3 neue Mandate kamen. Aus der Kammer traten aus 60 Mitglieder,
dazu kamen aus derselben Urfache noch 6 neue Sitze. Die Klerikalen hatten auf
diese Wahlen die Hoffnung geseht, wieder die Majorität in beiden Kammern
zurückzuerobern. Allein sie unterliegen neuerdings Namentlich siegen sie
von den größeren Städten nur allein in Brügge. Die neue Kammer zählt
78 Liberale und 60 Klerikale (früher 73 Liberale und 59 Klerikale); die
freisinnige Mehrheit ist also um 4 Stimmen, von 14 auf 18 gewachsen.