Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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gleichwertigen Ausdruck bei allen Kulturvölkern und zu allen 
Zeiten an. Es gab und gibt Staaten; die juristische Betrachtung 
darf sich nicht dabei beruhigen, einfach den Begriff als histori- 
schen zu übernehmen, sondern wird sich fragen müssen, was ein 
Staat im Rechtssinne, nach seinen formalen Erscheinungen be- 
urteilt, sei» Wenn BIERLING hervorhebt, dass für das Völker- 
recht ausschliesslich die rechtliche Anerkennung als Staat ent- 
scheide, so muss er doch gewiss zugestehen, dass diese wechsel- 
seitige Anerkennung, die selbst Rechtsbegriff ist, aufirgend welchen 
entscheidenden Merkmalen beruht, die den Staat von solchen 
Gremeinwesen, die nicht als Staaten anerkannt werden, also nicht 
Staaten sind, unterscheiden. Der juristische Begriff des Staates 
ist ein solcher der vergleichenden Rechtswissenschaft und nicht 
derjenige eines positiven staatlichen Rechts. Man vergleicht 
diejenigen Gemeinwesen miteinander, von denen es feststeht, dass 
sie Staaten waren oder sind, hebt die gemeinsamen Merkmale 
und die Unterscheidungsmerkmale gegenüber Gemeinwesen, die 
historisch nicht als Staaten betrachtet werden, hervor. Es kann 
sich allerdings fragen, ob die vergleichende Rechtswissenschaft 
fähig sei, Rechtsbegriffe zu formulieren. Wenn man die Rechts- 
begriffe ausschliesslich nur auf dem Boden eines konkreten posi- 
tiven Rechts als möglich erklärt, so.wäre ein Rechtsbegrifi des 
Staates nur insoweit zulässig, als er auf dem Völkerrecht als 
konkretem positivem Rechte beruht. Der völkerrechtliche Begriff 
des Staates ist jedenfalls zu bejahen. Die wissenschaftliche Be- 
arbeitung des Völkerrechts wird sich die Frage vorlegen müssen, 
welcher Natur der Verband sei, der mit der Prätension, als Staat 
zu gelten, auf dem Gebiete des Völkerrechts auftritt. Die Völker- 
rechtswissenschaft wird aber dabei vergleichend vorgehen müssen, 
um die gemeinsamen und unterscheidenden Merkmale festzustellen. 
Dass es für das innere Recht eines Staates wesentlich nur. darauf 
ankomme, was es selbst als Staat ansehe, kann nur soweit richtig 
sein, als es dem innern Rechte freisteht, ein besonderes staats- 
Archiv für öffentliches Recht. XX. 3. 97
	        
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