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beträgen Ersatz zu leisten. So bestimmt, klar und unzweideutig
auf den ersten Blick diese Rechtsregel erscheint, ist dem unge-
achtet neuerdings bei Anwendung derselben die Erkenntnis ge-
reift, dass der gesetzgeberische Wille nicht mit absoluter Sicher-
heit darin zum Ausdrucke gebracht wurde. Denn es ist strittig
geworden, ob die Krankenkasse, welche für einen während des
Heilverfahrens verstorbenen Betriebsverletzten ein Sterbegeld
gezahlt hat auf Erstattung desselben durch die Berufsgenossen-
schaft rechnen darf oder ihr ein Erstattungsanspruch versagt
bleibt. Für Entscteidung dieser Streitfrage sind ($ 26 G.U.V.G.
8 31 L.U.V.G. 8 30 S.U.V.G.) die Verwaltungsgerichte bezw. die
Aufsichtsbehörden zuständig. Die Rechtsüberzeugung der bisher
mit derselben befassten höchstinstanzlichen Spruchbehörden kommt
zu einem widersprechenden Endergebnisse, je nachdem ob an
dem Wortlaute der Rechtsregel streng festgehalten oder deren
leitendem Grundgedanken mehr Rechnung getragen wird. So
versagt der württembergische Verwaltungsgerichtshof in einem
U. v. 25. März 1903 (Arbeiterversorgung 03, 389) und das
preussische Oberverwaltungsgericht in dem U. v. 20. April 1903
(ebd. 748) den Erstattungsanspruch, welchen die Entscheidung
der Behörde für das Versicherungswesen zu Hamburg v. 1. Sep-
tember 1903 (ebd. 03, 793) und die Rekursentscheidung des fürst-
lich reussischen (j. L.) Ministeriums des Innern v. 27. Februar
1904 (die Invalidität- und Alters-Versicherung 05, 183), so-
wie des hessischen Verwaltungsgerichtshofes v. 7. Mai 1904
(Arbeiterversorgung 04,. 473) zubilligen. Der gesetzgeberische
Wille ist in diesen letzteren richtig erfasst. Denn nach all-
gemein anerkannten Rechtsregeln darf bei Entscheidung strei-
tiger Rechtsfälle der Richter den: Gesetzen keinen anderen
Sinn beilegen als welcher aus den Worten und dem Zusammen-
hange derselben, in Beziehung auf den streitigen Gegenstand,
oder aus dem nächsten unzweifelhaften Grunde des Gesetzes
deutlich erhellet, wobei Treu und Glaube mit Rücksicht auf die