b. Standesungleıchheit der Ehegatten.
Das wesentlichste Erfordernis aber und die Grundbedingung
aller morganatischen Ehen ist die Unebenbürtigkeit der Ehe-
schliessenden. Denn ohne die Voraussetzung einer Missheirat
ist in Deutschland eine Ehe zur linken Hand undenkbar. Dieses
charakteristische Merkmal, welches das Institut der deutschen
Gestaltung allein verdankt, sucht man vergeblich in der lom-
bardischen Form, wie sie in den Libri Feudorum von dem Feu-
disten als Mailänder Sitte geschildert wurde!.
Der Unterschied in dem Gepräge beider Erscheinungs-
formen ist bisher in der Literatur nicht genügend .festgestellt
worden.
Nur HEFFTER? unterschied zwischen „standesgleichen Ehen
mit vertragsweise beschränkten Wirkungen“ und „morganatischen
Ehen im eigentlichen Wortverstande*. Diese Einteilung war
insoweit richtig, als er im der ersten Kategorie die lombardische
Ehe verwirklicht sah. Doch machte er selbst die Richtigkeit
seines Ergebnisses problematisch, indem er eine solche Form
auch in Deutschland für möglich hielt, was den Tatsachen wi-
derspricht (s. unten) und deshalb als völlig unzutreffend zu be-
zeichnen ist. Ausserdem liess uns HEFFTER über das Verhältnis
beider Eheformen zu einander im unklaren, während doch in
Wirklichkeit die zweite Form nichts anderes als eine organische.
Entwicklungsstufe der ersten darstellt.
Alle übrigen Schriftsteller, welche dieses Thema behandelten,
haben entweder aus der Standesgleichheit in der lombardischen
Form einen falschen Schluss auf die deutsche Form gezogen,
oder umgekelirt behauptet, dass die deutsche Gestaltung mit
Unebenbürtigkeitserfordernis schon in jenem lombardischen Lehn-
u
ı 8. die, eingehenden Erörterungen in meiner Schrift, auf welche zu ver-
weisen ich mich leider hier beschränken muss,
? Die Sonderreolite der souveränen und der mediatisierten vormals reichs-
stündischen Häuser Deutschlands, Berlin 1871, S. 130, 131.