Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 438 — 
Nach. richtiger Ansicht ! ist dagegen die obige Frage zu ver- 
neinen, denn eine standesungleiche Ehe eines Hochadligen ist 
stets eine Misseheirat. Selbst wenn sich: in einzelnen reichsgräf- 
lichen‘ Häusern eine mildere Observanz gebildet haben sollte, 
welche die Ehen mit Personen. des niederen Adels für ebenbür- 
tig hält, so:sind derartige Grundsätze niemals Bestandteile des 
gemeinen Privatfürstenrechts- geworden, welches für alle hoch- 
adligen Häuser subsidiär bindende Normen enthält. Denn es 
hätte schon genügt, dass ein einziges reichsfürstliches Haus an 
dem strengen Ebenburtsprinzip festhielte — und in Wahrheit 
sind, es ihrer. fast alle — um zu verhindern, dass die milderen 
Grundsätze sich zu einem gemeinen Herkommen herausbilden. 
Um so viel weniger können spezielle Hausobservanzen der Mi- 
norität jemals der Majorität zum Nachteile gereichen. 
‚Auch heute noch gilt für den hohen ‘Adel der vor mehr als 
600 Jahren gefällte. Ausspruch 2: „Ez ist nieman sempervri wan 
des vater und muoter sempervri wären“. Denn zu allen Zeiten 
ist dieses strenge Ebenbürtigkeitsprinzip der Standesauffassung 
des hohen Adels eigentümlich gewesen ®. 
Diese. Auffassung wird m. E. keineswegs durch den Schieds- 
spruch des Reichsgerichts vom 25. Oktober 1905 widerlegt, der 
ı BESELER, System des gemeinen deutschen Privatrechts Bd. 3 Berlin 
1885 $ 171, v. GERBER a. a. O. S. 455, "Anm. 15, Gm&eKe a. a. O. Bd. 1 
S. 403, 404, GÖHRUM, Geschichtliche Darstellung der Lehre von der Eben- 
bürtigkeit nach gemeinem deutschen Rechte, Tübingen 1846, Bd. 2 S. 895, 
v. KIiRCHENHEIM, Lehrbuch des deutschen Staaterechts, Stuttgart 1887, 
8. 191, KOHLER a. a. O, 8. 182, Meyer, Lehrbuch des deutschen Staats- 
rechts, Leipzig 1899 S. 240, Porrze a. a. O. 8. 444, ScHuze, Lehrbuch 
des deutschen Staatsrechts, Leipzig 1881, Bd. 1 8. 220, STOERK, die agna- 
tische Thronfolge im Fürstentum Lippe, Berlin 1908,. S. 108. — BOLLMANN 
a. 8. O. S, 67. 
3 Schwabenspiegel, Landrechtebuch (Ausgabe von WACKERNAGEL) 57 
2. 25. 
® Zum: Beweise dafür vgl. das Testament des Herzogs Ernst Ludwig 
von Sachsen-Meiningen in meiner Schrift 8. 34.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.