Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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schoben. In der Zeit des absoluten Polizeistaates konnte es nicht 
zweifelhaft sein, dass das Axiom der deutschen Staatssprache für 
das öffentliche Leben Preussens einen primären Charakter gegen- 
über den tatsächlich dem polnischen Idiom gemachten Zugeständ- 
nissen besitze, die letzteren galten nur, soweit sie ausdrücklich 
fixiert waren, die Vermutung dagegen stritt stets für die Allein- 
herrschaft des Deutschen. So konnte man denn auch den auf dem 
Posenschen Provinziallandtage von 1841 eingebrachten Antrag, die 
Eröffnungsreden des Landtagsmarschalls sollten künftighin deutsch 
und polnisch gehalten werden, von vornherein als rechtswidrig bei- 
seite schieben, trotzdem die Frage der Verhandlungssprache in 
dem Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände für das 
Grossherzogtum Posen vom 27. 3. 1824 überhaupt nicht berührt 
ist. Anders seit 1850. Denn in die endgültige Verfassung vom 
31. Januar dieses Jahres war auch ein Verzeichnis jener unver- 
äusserlichen Rechte aufgenommen worden, die dem Zeitgeiste als 
Palladium der staatsbürgerlichen Freiheit galten: Titel II der 
Verfassungsurkunde beschäftigt sich ausschliesslich mit den „Rech- 
ten der Preussen“. Sollen diese „Grundrechte“ nun überhaupt 
irgendwelche Bedeutung haben *, so muss sie darin liegen, dass 
der Staat in ihnen prinzipielle Grenzen seiner nach innen ge- 
richteten Herrschaft erkennt, dass er zugesteht, im Gebiet der 
Grundrechte streite die Vermutung immer für die volle Bewe- 
gungs- und Handlungsfreiheit des einzelnen Staatsangehörigen, 
so dass also Beschränkungen dieser prinzipiellen Freiheit, welche 
trotzdem im öffentlichen Interesse vorgenonımen werden, nur dann 
als rechtmässig anzusehen sind, wenn sie auf besonderer gesetz- 
licher Ermächtigung beruhen. 
4 Es ist hier nicht der Ort zu einer gründlicheren Auseinandersetzung 
über den juristischen Charakter und Wert der „Grundrechte“. Den prin- 
zipiellen Standpunkt, den ich in dieser Frage einnchme, habe ich, allerdings 
ebenfalls nur kurz, in meinem kleinen Buche „Die Verfassung des Deutschen 
Reichs® (Leipzig 1901) S. 122 Anm, 5, dargelegt. Für die Zwecke unserer 
Untersuchung genügt das im Text Gesagte. 
 
	        
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