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aber nur wenn er tituliert, also mindestens mit dem Freiherrn-
titel verbunden sei. Das damalige Schiedsgericht gelangte je-
doch zu dem Ergebnis und sprach aus (S. 47 des unter Zustim-
mung der Parteien veröffentlichten Abdrucks):
Als Gesamtresultat ergibt sich, dass Modeste von Unruh
aus der altadeligen Familie von Unruh abstammte, dass diese
Abstammung nach dem gemeinen Privatfürstenrechte zu ihrer
Ebenbürtigkeit genügte und dass zur Zeit der Eingehung
ihrer Ehe ein für die Sukzessionsfähigkeit ihrer Deszendenten
hinsichtlich des Fürstentums Lippe massgebendes strengeres
Herkommen nicht bestand. Daraus folgt, da allein auf Grund
dieser Ehe die Ebenbürtigkeit des Herrn Grafen Ernst zur
Lippe-Biesterfeld bestritten ist, dessen Thronfolgefähigkeit.
Für die jetzt zu trefiende Entscheidung ist zu prüfen, wel-
chen Inhalt der damalige Schiedsspruch hiernach hat und ob
und wieweit demselben eine bindende Wirkung zukommt.
Ueber den Inhalt des Spruches gehen die Meinungen weit
auseinander und insbesondere ist, auch in der Literatur, die Aus-
legung vertreten worden, dass der jetzt verstorbene Graf Ernst
zur Lippe-Biesterfeld lediglich für seine Person zur Thronfolge
berufen worden sei, dagegen kein anderes Mitglied sich auf den
Spruch oder dessen Begründung berufen könne. Diese Ansicht
muss jedoch abgelehnt werden. Bei der Auslegung des Spruches
ist zunächst der zu grunde liegende Schiedsvertrag zu berück-
sichtigen; dabei können aber die Erwägungen, von denen sich
die hohen Kontrahenten bei seinem Abschlusse leiten liessen,
nicht in Betracht kommen, vielmehr darf behufs Beantwortung der
Frage, was für eine Entscheidung von dem Schiedsgerichte begehrt
worden sei, als Parteiwille nur diejenige Vereinbarung gelten,
die sich aus dem Wortlaute des Vertrags und aus den beglei-
tenden Umständen für jedermann entnehmen. lässt. Wenn also
jetzt geltend gemacht ist, der Herr Fürst zu Schaumburg-Lippe
habe sich zur Vollziehung des Schiedsvertrags von 1896 erst auf
den ausdrücklichen Hinweis entschlossen, dass die schiedsrichter-
liche Entscheidung nur die Chefs der drei streitenden Linien
treffe, so ist das eine Angabe, deren Richtigkeit in keiner Be-