Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 46 — 
aber nur wenn er tituliert, also mindestens mit dem Freiherrn- 
titel verbunden sei. Das damalige Schiedsgericht gelangte je- 
doch zu dem Ergebnis und sprach aus (S. 47 des unter Zustim- 
mung der Parteien veröffentlichten Abdrucks): 
Als Gesamtresultat ergibt sich, dass Modeste von Unruh 
aus der altadeligen Familie von Unruh abstammte, dass diese 
Abstammung nach dem gemeinen Privatfürstenrechte zu ihrer 
Ebenbürtigkeit genügte und dass zur Zeit der Eingehung 
ihrer Ehe ein für die Sukzessionsfähigkeit ihrer Deszendenten 
hinsichtlich des Fürstentums Lippe massgebendes strengeres 
Herkommen nicht bestand. Daraus folgt, da allein auf Grund 
dieser Ehe die Ebenbürtigkeit des Herrn Grafen Ernst zur 
Lippe-Biesterfeld bestritten ist, dessen Thronfolgefähigkeit. 
Für die jetzt zu trefiende Entscheidung ist zu prüfen, wel- 
chen Inhalt der damalige Schiedsspruch hiernach hat und ob 
und wieweit demselben eine bindende Wirkung zukommt. 
Ueber den Inhalt des Spruches gehen die Meinungen weit 
auseinander und insbesondere ist, auch in der Literatur, die Aus- 
legung vertreten worden, dass der jetzt verstorbene Graf Ernst 
zur Lippe-Biesterfeld lediglich für seine Person zur Thronfolge 
berufen worden sei, dagegen kein anderes Mitglied sich auf den 
Spruch oder dessen Begründung berufen könne. Diese Ansicht 
muss jedoch abgelehnt werden. Bei der Auslegung des Spruches 
ist zunächst der zu grunde liegende Schiedsvertrag zu berück- 
sichtigen; dabei können aber die Erwägungen, von denen sich 
die hohen Kontrahenten bei seinem Abschlusse leiten liessen, 
nicht in Betracht kommen, vielmehr darf behufs Beantwortung der 
Frage, was für eine Entscheidung von dem Schiedsgerichte begehrt 
worden sei, als Parteiwille nur diejenige Vereinbarung gelten, 
die sich aus dem Wortlaute des Vertrags und aus den beglei- 
tenden Umständen für jedermann entnehmen. lässt. Wenn also 
jetzt geltend gemacht ist, der Herr Fürst zu Schaumburg-Lippe 
habe sich zur Vollziehung des Schiedsvertrags von 1896 erst auf 
den ausdrücklichen Hinweis entschlossen, dass die schiedsrichter- 
liche Entscheidung nur die Chefs der drei streitenden Linien 
treffe, so ist das eine Angabe, deren Richtigkeit in keiner Be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.