Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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älteren Nebenlinien und die Beantwortung der Frage, ob die 
älteste, also die Biesterfelder Linie, berufen sei, hing von dem 
Geeburtsstande der Modeste von Unruh, dann aber davon ab, 
welches Recht der Ebenburt im Hause Lippe gelte. Es han- 
delte sich mithin nicht um die Person des ‚Grafen Ernst allein, 
sondern um seine Linie und um Fragen des Ebenburtsrechts, 
die für das ganze Haus Lippe von Bedeutung waren. An der 
Entscheidung hatte endlich auch das Land ein wesentliches und 
sehr dringendes Interesse, zumal der Streit schon lange. gewährt 
hatte. Diese Sachlage erklärt es, dass der Bundesrat sich für 
einen Vertrag verwandte, der eine Entscheidung durch ein Schieds- 
gericht unter dem Vorsitze Seiner Majestät des Königs von 
Sachsen herbeiführen sollte. Hingegen ist es nicht denkbar, dass 
dies geschehen sei mit dem Vorbehalte, es dürfe schon bei dem 
zweiten 'Ihronwechsel der gesamte Streit von neuem beginnen 
und müsse nochmals entschieden werden. Das damalige Schieds- 
gericht ist vielmehr, wie mit Grund nicht bezweifelt werden kann, 
in der Ueberzeugung, die ihm vorliegenden Streitfragen endgiltig 
zu erledigen, an seine Aufgabe herangetreten und es würde 
schwerlich das Schiedsrichteramt übernommen haben, wenn ihm 
eine Entscheidung angesonnen wäre, die nur die Bedeutung einer 
vorläufigen Regelung haben sollte und in dem Falle, dass der 
bezeichnete Thronfolger vor dem damals regierenden Fürsten 
starb, sogar völlig gegenstandslos geworden wäre. 
Wenn nun der Spruch dahin lautete, der Graf Ernst zur 
Lippe-Biesterfeld sei berufen, so ist der genannte Herr für thron- 
folgeberechtigt erklärt, indem und weil die im Jahre 1803 zwi- 
schen seinen Grosseltern geschlossene Ehe als dem Lippischen 
Hausrecht entsprechend anerkannt worden ist. Damit ist die 
Ebenbürtigkeit sämtlicher Abkömmlinge aus dieser Ehe, wenn 
ihnen nicht etwa andere Gründe entgegenstehen sollten, fest- 
gestellt. 
Das nämlich ist die Bedeutung des Spruches, der dem Willen 
der Vertragschliessenden entsprechend darauf abzielte, den unter 
den Linien herrschenden Streit zu entscheiden. Graf Ernst ist 
mithin in seiner Eigenschaft als Mitglied der Familie Biesterfeld
	        
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