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Hochgeborener Graf!
Freundlich geliebter Herr Vetter! |
Ew. Liebden erwidere ich auf das geehrte Schreiben vom
22. v. Mts. ergebenst, dass ich die Ordnung der Familien-
Angelegenheiten in den gräflichen Nebenlinien den Herren
Chefs dieser Familien überlassen zu sollen glaube und mich
deshalb einer Einmischung in jene Angelegenheiten enthalte.
Indem ich bedaure, dass meine Antwort durch meine län-
gere Abwesenheit von hier verzögert ist, benutze ich auch
diesen Anlass zur erneuerten Versicherung meiner vollkom-
mensten Hochachtung, womit ich verbleibe
| Ew. Liebden ergebener
Woldemar,
Fürst zur Lippe.
Eine gleiche Erklärung hatte Fürst Woldemar durch ein an
den Grafen Eberhard zur Lippe-Weissenfeld gerichtetes Schrei-
ben vom 19. August 1886 der Linie Weissenfeld gegenüber ab-
gegeben.
Angesichts dieser Vorgänge kann eine nach jenem Schreiben
vom 21. Oktober 1882 in der Biesterfelder Linie abgeschlossene
Ehe nicht mehr deshalb beanstandet werden, weil der landes-
herrliche Konsens nicht erteilt worden sei. Denn nachdem der
Fürst durch die Deklaration vom 10. Mai 1853 als Stammhaupt
erklärt hatte, dass es fortan für die Eheschliessung seines Kon-
senses bedürfe, war er verpflichtet, auf desfällige Gesuche ein-
zugehen und zu prüfen, ob die beabsichtigten Ehen dem Haus-
recht entsprechend seien. Die Entscheidung war freilich ledig-
lich seinem Ermessen anheimgestell.e. Gab er aber dem Chef
einer Nebenlinie, wie geschehen, zu erkennen, dass er sich der
Prüfung nicht mehr unterziehen werde, so setzte er dadurch für
dessen Nebenlinie die Deklaration ausser Kraft. Aus diesem
Grunde, nicht deshalb, weil der Fürst, wie von der Biesterfelder
Seite auch geltend gemacht wird, die Entscheidung über den
Konsens auf den Chef der Nebenlinie übertragen hätte, ist das
Fehlen des Konsenses in dem vorliegenden Falle ohne Bedeutung.
Auch die Ehe des Grafen Rudolf zur Lippe-Biesterfeld mit