— 4 —
insbesondere stehen den Versammlungen gegenüber die allge-
meinen Gesetze, zumal das Strafgesetz, in Kraft, und einzelne
Individuen können sich durch den Gebrauch des Versammlungs-
rechtes nicht den gegen sie nach jenen Gesetzen an sich zuläs-
sigen polizeilichen Massnahmen entziehen. Aber eine selbständige
Rechtsnorm, welche die Auflösungsbefugnis der Polizeibehörde
gegenüber fremdsprachig verhandelnden politischen Versanını-
lungen enthielte, existiert nicht. Bliebe immerhin die Möglich-
keit, dass die Erklärung des Vereinsgesetzes selbst anderweiten
allgemeinen Gesetzen eine Berücksichtigung schuldig wäre, die
zum gleichen Ergebnis führen würde Und wirklich ist eine
solche von aussen in das Vereinsgesetz eindringende Interpre-
tation des polizeilichen Ueberwachungsrechtes in zwiefach ver-
schiedener Weise unternommen worden.
Schon bei Gelegenheit des im Jahre 1876 vor den Ver-
waltungsgerichten spielenden Prozesses waren in der Revisions-
instanz sowohl vom Kläger als vom Beklagten die 8$ 95 ff. der
Einleitung zum Allgemeinen Landrecht herangezogen worden,
um zu beweisen, dass es sich bei dem staatsbürgerlichen Ver-
sammlungsrecht und dem obrigkeitlichen Ueberwachungsrecht um
zwei subjektive Befugnisse handele, von denen im Kollisionsfalle
die mindere der stärkeren weichen müsse ®. Streitig war zwi-
schen den Parteien nur, welches der beiden Rechte das stärkere
sei. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Anschauung bereits
damals mit dem kurzen Bemerken abgewiesen, dass es sich in
der zitierten Stelle des A. L. um Bestimmungen handele, die
im wesentlichen dem Privatrecht angehörten ®°. Dennoch ist
dieselbe Argumentation neuerdings wiederum von einem Ver-
teidiger der deutschen Versammlungssprache vorgebracht wor-
den 5%, Dem gegenüber betont das Oberverwaltungsgericht in
s Vgl. oben S. 7f.
®® Eintsch. Bd. 1 S. 857.
® DeLıus, in dem oben S. 16 zitierten Aufsatz.