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Die Entschädigung der unschuldig Verhafteten und der unschuldig Be-
straften. Kommentar zu den Reichsgesetzen vom 14. Juli 1904 und 20. Mai
1898 von E. BURLAGE, Oberlandesgerichtsrat zu Oldenburg. Preis 3 M,
Der Kommentar hat schon von vornherein Anspruch auf Beachtung.
Denn Verfasser ist nicht nur als Praktiker in einer hohen richter-
lichen Stellung, sondern auch als Berichterstatter der Reichstagskommission
für den Entwurf des Gesetzes von 1904 in erster Linie zur Auslegung bei-
der im engsten Zusammenhang stehender Gesetze berufen. Die Aufgabe,
die er sich gestellt, hat er in vortrefflicher Weise gelöst.
Eine Hauptschwierigkeit beim Durchdringen und Verstehen, und da-
mit auch bei der Anwendung beider Gesetze bildet ihre Berührung mit den
verschiedensten Rechtsgebieten. Strafprozessrecht, materielles Strafrecht,
bürgerliches Recht und Verwaltungsrecht greifen in mannigfachen Wechsel-
beziehungen ein. Es ist daher als ein besonderer Vorzug des Buches her-
vorzuheben, dass es bei der Erläuterung der einzelnen Fragen ihre Zurück-
führung auf das jeweils zu Grunde liegende Rechtsgebiet scharf hervorhebt
und damit wichtige zuverlässige Fingerzeige für die Auslegung der einzel-
nen Bestimmungen gibt. Durch diese Beleuchtung wird das Verständnis
der Gesetze wesentlich erleichtert.
Sodann hat Verf. besonderes Gewicht darauf gelegt, für die Auflas-
sung der gesetzlichen Bestimmungen wichtige Begriffe, namentlich dieje-
nigen, welche gerade diesen Gesetzen eigentünlich sind, eingehend zu er-
läutern. Es sei hier nur beispielsweise auf die Ausführungen über „Mit-
wirkendes Verschulden“ (Seite 69 fl.), insbesondere aber auf die scharf-
sinnige Entwicklung des Begriffes „Unschuld* (Seite 23 ff.) hingewiesen.
Der recht umfangreiche Stoff, den Verf. bis ins Kleinste beherrscht, ist
übersichtlich gegliedert und trotz ausführlichen Eingehens auf alle wesent-
lichen Punkte kurz und knapp verarbeitet. Die Materialien der Gesetze
sind verwertet, jedoch keineswegs kritiklos, die bisherige Literatur ist allent-
halben. berücksichtigt, die eigene abweichende Meinung stets mit guten
Gründen versehen.
In zutreffender Weise ist das Schwergewicht der Kommentierung auf
das jüngere Gesetz von 1904 gelegt, da dieses für die Praxis infolge seiner
häufigeren Anwendung von ungleich wichtigerer Bedeutung ist als das ältere
Gesetz von 189.
Ein geschichtlicher Abriss der Reichstagsverhandlungen über die Ent-
schädigungsfrage und eine kurze Darstellung des Inhalts beider Entschä-
digungsgesetze bilden eine zweckentsprechende Ergänzung des eigentlichen
Kommentars.
Das Buch nimmt unter den Schriften gleichen Inhalts einen hervor-
ragenden Platz ein und wird namentlich dem Praktiker wohl niemals die
über irgend einen Punkt gesuchte Auskunft versagen.
Weimar. Staatsanwalt Dr. MITTEBMÜLLER.