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digkeit massgebend sind, diese Beziehungen sowohl im Bezirk
des Amtsgerichts Berlin-Mitte als auch des Amtsgerichts Berlin-
Schöneberg vorhanden und daher die gleichzeitige Zuständigkeit
beider Gerichte gegeben sein würde. Dies würde alsdann auch
bezüglich der anhängigen Sachen wesentlich sein; denn voraus-
gesetzt, das Amtsgericht Berlin-Mitte wäre identisch mit dem
bisherigen Amtsgericht I in Berlin, so würde das Amtsgericht
Berlin-Mitte auch nach dem 31. Mai 1906 für alle derartigen
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten an sich zuständig sein und
müsste, da es nun einmal angerufen ist, dieselben auch sämtlich
erledigen. Ein Wahlrecht, wie es $ 35 der Zivilprozessordnung
dem Kläger für bürgerliche. Rechtsstreitigkeiten i. e. S. unter
mehreren zuständigen Gerichten gibt, könnte nachträglich nicht
mebr ausgeübt werden. Nimmt man aber an, dass auch das
Amtsgericht Berlin-Mitte ein neues Gericht ist, so wären beide
Gerichte gleichmässig zur weiteren Erledigung befähigt. Die hier
ausgeführten Gesichtspunkte können jedoch für die Entscheidung
der vorliegenden Frage nicht in vollem Umfange in Betracht
kommen, denn es ist keineswegs die Absicht der
Zivilprozessordnung, einen derartigen dop-
pelten Gerichtsstand zu schaffen. Der $ 13 der Zivil-
prozessordnung lautet:
„Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den
Wohnsitz bestimmt.“
Den Begriff des Wohnsitzes definiert sie nicht. Die Motive zur
‚Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 gehen davon aus,
„dass der prozessrechtliche Wohnsitz mit dem zivilrechtlichen
identisch sei und dass der Begriff des Wohnsitzes, sowie die
Voraussetzungen, unter denen der Wohnsitz begründet und
aufgehoben werde, durch die Vorschriften des bürgerlichen
Rechts bestimmt werde“ ?°,
..n Hıaun, Materialien zur Zivilprozessordnung vom 80. Januar 1877 Bd.I
S. 150.