Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Gerichte zuständig, sondern nur dasjenige, in dessen Bezirk die 
örtliche Beziehung wurzelt. 
Wir haben dabei schon mehrfach die Frage gestreift, ob 
nach dem 31. Mai 1906 das Amtsgericht „Berlin-Mitte“ dasselbe 
Gericht ist wie das bisherige Amtsgericht I in Berlin. Diese 
Frage lässt es naheliegend erscheinen, zu prüfen, ob sich nicht 
aus der Natur und dem Wesen des Gerichts Gesichtspunkte für 
die hier beregte Zuständigkeit gewinnen lassen. 
Welches ist also das Wesen des Gerichts und in welchem 
Verhältnis steht das Gericht zu seinem Gerichtsbezirk? 
KoPPpers°’! beantwortet diese Frage dahin: 
Das Gericht als das Gericht eines örtlich abgegrenzten Be- 
zirks sei ein vom Staate geschaftener. mit juristischer Persönlich- 
keit versehener und mit Jurisdiktionsgewalt ausgestatteter Orga- 
nismus; bestehend aus einem oder mehreren Richtern. Das Sub- 
strat dieses Organismus bilde der Gerichtsbezirk dergestalt, dass 
der. Organismus getrennt von diesem Substrate nicht gedacht 
werden könne. Werde der Bezirk des Gerichts X ganz dem 
Bezirke des Gerichts Y zugelegt, so höre damit von selber das 
Gericht X auf zu bestehen. Werde der Bezirk des Gerichts X in 
zwei Teile zerlegt, sodass für den einen Teil ein neues Gericht O 
errichtet werde, so sei das Gericht X in seinem Wesen verändert, 
denn eben die dem Organismus gegebene Jurisdiktionsgewalt, mit 
welcher er sein Substrat ganz und zwar gemäss den Begriffen 
der causa individua und der Ausschliesslichkeit durchdringe, 
mache sein Wesen aus. Das Gericht X sei also untergegangen,. 
sein Territorium werde an zwei ganz neue Gerichte verteilt. Die 
freigewordene Jurisdiktionsgewalt müsse notwendigerweise einem 
jeden der neuen Gerichte nach Massgabe seines Territoriums zu- 
fallen, die beiden Gerichte succedierten insoweit in die Juris- 
diktion dem alten Gerichte. Wenn daher ein Gesetz auch nur 
  
sı KoppErs: „Die prozessrechtlichen Wirkungen einer Aenderung dor 
Gerichtsterritorien* im Archiv für öffentliches Recht. Bd. 9 S. 201 ff., 205.
	        
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